Neue OZ: Kommentar zu Boualem Sansal

Jubelnde Erwartung

Boualem Sansal schlägt den Bogen, so weit es nur geht: Aus den
nordafrikanischen Befreiungsbewegungen leitet er einen weltweiten
Wandel ab – und sieht nicht nur den Nahost-Konflikt vor der Lösung,
sondern selbst China im Umbruch.

Kein Mensch im Saal glaubt, dass alles das demnächst eintritt. Und
doch ist der Applaus berechtigt. Dafür hat Sansal ja den Preis
bekommen: dass er ein Gegenbild zu den Repressionen der ganzen Welt
entwirft. Umso klüger, wenn er dabei auch den Veränderungsbedarf des
Westens einbezieht.

In ihrer Euphorie liefert Sansals Rede das Gegenstück zum Dankwort
des Vorjahres-Preisträgers: Der Israeli David Grossman hatte die
Hoffnung auf Frieden in Nahost hintangestellt – und sich vorerst nur
die Kraft gewünscht, im Klima der Gewalt Zartheit und Mitgefühl zu
bewahren. Beide haben recht, und man möchte ihre Reden am liebsten in
einem Band gemeinsam drucken: die jubelnde Utopie des Arabers und den
sanften Realismus des Juden.

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