Anerkennung der Krankenkassen hinkt hinterher
Die von Lipödem betroffene Klägerin hatte sich auf Anraten ihres Facharztes für eine Fettabsaugung entschieden, nachdem verschiedene andere Behandlungstherapien zuvor keinen Erfolg gebracht hatten. Die fünfstelligen Kosten der Liposuktion musste sie aus eigener Tasche bezahlen, da die Krankenkasse diese nicht übernahm. Sie machte sie anschließend mit ihrer Steuererklärung für das Jahr 2017 als außergewöhnliche Belastung geltend, doch das Finanzamt wollte diese Ausgaben gemäß früheren Rechtsprechungen nicht anerkennen. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die Fettabsaugung keine wissenschaftlich anerkannte Methode zur Behandlung der Krankheit sei und ein amtsärztliches Gutachten vorab hätte eingeholt werden müssen.
Liposuktion kann krankheitsbedingte Symptome lindern
Der Fall ging vor Gericht und das Finanzgericht Sachsen gab der Klägerin recht. Die Fettabsaugung sei zum einen nicht aus kosmetischen, sondern medizinischen Gründen erfolgt. Zum anderen sei die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit dieser Methode gemäß medizinischer Fachbeiträge inzwischen erwiesen, auch wenn sich der Bundesausschuss der Krankenkassen immer noch nicht für eine Aufnahme in das Leistungsverzeichnis der Krankenkassen ausgesprochen hat.
Aufgrund der allgemeinen Bedeutsamkeit ging der Streitfall zu einer grundsätzlichen Entscheidung an den BFH, der die Vorinstanz bestätigte. Das jüngst veröffentlichte Urteil führt für rund 3,8 Millionen vom Lipödem betroffene Frauen zu einer großen Erleichterung. Sie können entstandene und selbst beglichene OP-Kosten mit einer einfachen ärztlichen Verordnung ab sofort steuermindernd geltend machen (Az. VI R 39/20). Wer zur Steuererklärung nicht verpflichtet ist und noch nicht freiwillig abgegeben hat, kann die Kosten rückwirkend bis zum Jahr 2019 geltend machen.