Mountainbiken auf Madeira: Einfach den Winter kurz ausblenden und für eine Woche in den Frühling fliegen.

Langgestreckt liegt die Insel Madeira im Atlantik, daneben Porto Santo und die Salvagens-Inseln. Tief eigekerbte Schluchten, aus ehemaligen Vulkankratern hervorgegangen, Regenwald, Bananenstauden, die Gebirgszüge im zentralen Bergland und die berühmten Levadawege – die Qual der Wahl is groß. Aussichtsreichen Forstwege und spannende Single-Trails laden zum Mountainbiken ein – nur das Naturreservat rund um die Gipfelregion des Pico Ruivo ist tabu.

Es lohnt sich die schmalen Wege raufzutreten, denn Sie führen von Sao Vicente über den Encumeada-Pass in ein wahres Bikerparadies. „Nur noch eine Stunde bis zur Sonne“, ist ein geflügeltes Wort auf Madeira. Auf halber Höhe der Nordflanken hängen die Passatwolken in den Wäldern fest. Doch der Weg zur Sonne lässt sich Serpentine für Serpentine aus eigener Kraft erstramplen. Ab 1300 Meter Höhe erreicht man den Höhenrücken des Hochmoors Paul da Serra, dann blinzeln schon die ersten Sonnenstrahen durch die Wolkendecke. Und kurz darauf sieht man Afrikaische Liebesblumen mit dem blauen Himmel um die Wette strahlen.

Für die Abfahrt zippt man die Regenjacke dann am besten wieder bis unters Kinn zu, denn jetzt ist die Nebelschicht feucht und kühl. Gut dass die nächste Poncha-Bar nicht weit ist, wo einem beim Nationalgetränk der Madeirenser wieder warm wird. Die Tour endet auf der Westseite, führt vorbei am Leutturm Ponta do Pargo bis zu einem Bikeparcours, der viel Spaß bereitet. Zur Belohnung winkt am Ende der Tour ein erfrischendes Bad in den piscinas naturais in Porto Moniz.

Inselcross am Atlantik – in 10 Tagen rund um Madeira
Die Reise führt in sieben Etappen durch das ursprüngliche Madeira. Pro Tag sind bis zu 2000 Höhenmeter zu absolvieren, die reine Fahrtzeit beträgt sechs bis acht Stunden. Waldwege führen durch kühle Urwälder, Panoramawege an kargen Bergflanken entlang. Und wie schon in tieferen Lagen findet man wieder wunderbare Abwechslung der Vegetation: Kanaren-Lorbeer, Kanaren-Stechpalme, Baumheide und Madeira-Holunder sowie Madeira-Lorbeer säumen den Weg. Im Unterwuchs des Lorbeerwaldes findet man vor allem Farne und Moose. Durch Aufforstung sind auch ursprünglich nicht heimische Eukalyptus-Wälder entstanden. Die würzig duftende Bergluft vermischt sich mit der Firsche des Atlants. Und manchmal möchte man einfach nur stehen bleiben, innehalten. Tief atmen. Und die einzigartige Natur bewundern.

Die Pausen gönnen einem die Bike-Guides gerne. Auch wer hier seinen Alltag lebt, weiß um die Schönheit der Insel – das gilt nicht nur für Guides, sondern auch für die Bewohner Madeiras. Wild und einsam ist die Berglandschaft. In dieser majestätischen Höhe erinnern die steilen, kargen Picos und die tief eingefurchten Schluchten schon fast an alpine Gipfel – die Höhenmeter und vielen Gegenanstiege sprechen eine eindeutige Sprache. Die Dorfbewohner Madeiras empfangen die seltsam gekleideten Radfahrer freundlich, kopfschüttelnd darüber, wie man diese Strapazen freiwillig auf sich nehemen kann.

Der Bike-Guide und Wanderführer Albano ist überall willkommen, wo er mit seinen Gruppen vorbeikommt. Der gebürtige Madeirenser, der in Stuttgart aufgewachsen ist, kam vor über 10 Jahren als Reiseleiter zurück in seine Heimat. Inzwischen hat er seinen Traum verwirklicht und seine Bikestation eröffnet.

Kaum sitzt man dann wieder auf dem Bike, zieht die Vulkan-Basaltlandschaft am Lenker vorbei, wechselt sich ab mit winzigen Terrasenfeldern, die sich wie ein Flickenteppich an den Hang schmiegen und den immergrünen Lorbeer- und Eukayptuswäldern. Die Levadawege sind gesäumt von wilden Strelitzien, Hortensien und Kaplilien.

Und auch wenn sich einzelne Tage verdammt lang anfühlen: Die zehn Tage vergehen wie im Flug. Am Ziel in Cancio de Baixo erwaret die Biker im Sporthotel Royal Orchid eine heiße Dusche und ein leckeres Abendssen im Grillrestaurant inklusive Sonnenuntergang am Meer.

Madeiras längster Downhill
Einmal muss man ihn gefahren sein, den längsten Downhill Madeiras. Die abwechslungsreiche Strecke vom 1810 m hohen Pico do Arieiro bis hinunter in den Küstenort Canico de Baixo gehört zu den schönsten Touren der Insel.

Madeira bietet jedoch nicht nur rasante Abfahrten. Die Insel gehört neben den Kanarieninseln La Palma, Teneriffa und La Gomera zu den steilsten auf Europa. Gerade mal 741 Quadratkilometer groß, ragen die Berge bis über 1860 Meter in den Himmel (Pico Ruivo). Wer da hinauf will, schnappt sich am besten einen Shuttlebus und fährt die letzten steilen Meter in die Gipfelregion durch die Wolkendecke noch aus eigener Kraft, bis man dann in der Sonne steht. Die Passatwolken sieht man von hier oben auf die Nordflanken der höchsten Berge branden, im Süden ist die Sicht klar. Wie gut, dass der Supertrail genau diese Richtung einschlägt.

Aber Madeira hat natürlich noch mehr zu bieten. Es gibt unzählige Trails, die sich durch das das im Sonnenlicht schillernde Tuff- und Basaltgestein oder durch immergrüne Lorbeerwälder ziehen. Voraussetzung ist gute Kondition, denn die Auffahrten sind meist steil und knackig. Wer es ruhiger angehen lassen möchte, wählt die einsamen Levadawege, die sich entlang kleiner Wasserkanäle wie Höhenlinien parallel zum Hang schlängeln und durch eine üppig-grüne Vegetation führen. Man sollte sich in die erfahrenen Hände eines Guides begeben, denn Mountain-Biken ist auf Madeira noch ein Geheimtipp. Die Wege und Trails sind nicht markiert und man landet schnell in einer Sackgasse. Oder man nutzt die Reise gleich für eine Touren-Woche mit Technikkurs. Picotours bietet eine Bikewoche auf Madeira mit vier Biketouren, einer Wanderung, allen Transfers und Unterkunft im 4-Sterne-Hotel schon ab 660 Euro.

Die Insel ist zwar klein, bietet aber ausreichend Touren für eine Woche oder 10 Tage. Party-Meilen und Touristen-Hochburgen sucht man an den Steilküsten Madeiras vergebens. Für Badefreunde gibt es einige versteckte Strände mit schwarzem Sand zu entdecken.

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