DAS DILEMMA DER MILCHKUH – wenn die Leistung zur Last wird

Die Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA) hat sich seit einigen Jahren intensiv mit der Thematik „Hochleistung der Milchkuh und Tiergesundheit“ intensiv auseinandergesetzt In einer Vielzahl von AVA-Veranstaltungen kamen Tierzüchter, Tierernährer, Landwirte, Berater und Tierärzte gleichermaßen zu Wort – allerdings gab es zwischen Tierzüchtern und den meisten Tierärzten und Landwirten mehr oder weniger „Unstimmigkeiten“. Insbesondere der Deutsche Bauernverband (DBV) sprach sich gegen die „tiergesundheitlichen Einwände“ von Tierärzten und Landwirten aus, mit dem Argument, dass es genügend Beispiele gäbe, dass gerade hoch leistende Milchviehherden eine Top-Gesundheit aufweisen würden. Dies versuchte man mit einer Vielzahl von Daten und Untersuchungen zu belegen.

Eine viel zu hohe Inzidenz von Erkrankungen der Milchkühe führt zu einem viel zu frühen Ausscheiden aus der Produktion. Die Folge ist eine viel zu kurze Nutzungsdauer mit erhöhter Todesfallrate der Kühe. Dabei sind in erster Linie nicht nur die ökonomischen Verluste ausschlaggebend, sondern es liege ein grundsätzliches Tierschutzproblem vor. Natürlich spielt das Farmmanagement bei der Betreuung von Hochleistungsherden eine sehr große Rolle, was zu einer breiten Streuung gesunder und kranker Tiere im Lande führt..
Ein in der Schriftenreihe der Agrar- und Veterinär-Akademie (AVA) mit Sitz im münsterländischen Steinfurt veröffentlichtes 110-seitige Buch „DAS DILEMMA DER MILCHKUH“ wendet sich gleichermaßen an Tierärzt*innen, Landwirt*innen, Berater*innen, Studierende und alle an Milchviehproduktion Interessierte, die sich mit der seit Jahren andauernden und oft konträren Diskussion hochleistender Milchkühe und deren Einfluss auf die Tiergesundheit fachlich fundiert und wissenschaftlich untermauert, auseinandersetzen möchten.
Die Milchleistung der Kühe hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht, wobei jährliche Laktationsleistungen von 10.000 Liter (und weit darüber hinaus), heutzutage nichts Ungewöhnliches darstellen. Diese immense Erhöhung der Laktationsleistung wurde jedoch teuer erkauft. Die Zahl von Erkrankungen der Kühe pro Laktation und die vorzeitigen Abgänge (Schlachtungen) aufgrund unterschiedlicher Infektionen und Todesfällen hat zugenommen. Dadurch hat sich die Nutzungsdauer in Deutschland erheblich verkürzt (< 3 Laktationen). Die Kühe scheiden bereits in einem Alter von 5-6 Jahren aus, obwohl sie bis zu 20 Jahren oder mehr alt werden können. Dies ist nicht nur unter dem ökonomischen Aspekt zu sehen, sondern hier ergeben sich auch Fragen mit dem verantwortlichen Umgang mit Nutztieren, dem Tierschutz und dem Tierwohl, wenn Milchkühe primär aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden (müssen). Die Selektion auf höhere Milchleistungen erfolgte in der Vergangenheit in der Regel ohne ausreichende Berücksichtigung physiologischer Zusammenhänge. Die Diskrepanz zwischen Leistungsanforderung und unzureichender Futteraufnahme (=Defizit) sowie das Festhalten an Zuchtzielen bei genetisch nachweisbarer Gefährdung der Tiergesundheit erlaubt die Schlussfolgerung, dass „die Leistung zur Last wird“, weil zugunsten einer gewünschten Eigenschaft „Milchleistung“ gesundheitliche Nachteile übersehen, bzw. nicht genügend beachtet werden, oder die Verantwortung primär dem „Management“ unter Verwechslung von Ursache und Wirkung zugeordnet wird.
Natürlich gibt es Kuhherden, die hohe Milchleistungen bei bester Tiergesundheit aufweisen. Aber das entspricht nicht der Regel. Diese Kühe und Betriebe sollten als gute Beispiele herangezogen werden. Solche „Ausnahmen“ dürfen aber nicht dazu dienen, Probleme zu leugnen oder zu rechtfertigen. Schätzungsweise erfüllen rund 10 – 15% der Milchkuhhalter die nötigen Managementvoraussetzungen zur Führung hoch leistender Milchkühe mit jährlichen durchschnittlichen Milchleistungen von mehr als 12.000 kg Milch.
Die Agrar- und Veterinär-Akademie (AVA) bietet vom 05. bis 08. Oktober 2022 eine große Tierärztetagung in Bad Salzschlirf (bei Fulda) an, wo insbesondere diese „Hochleistungsproblematik“ in vielen Beiträgen kompetenter Referent*innen diskutiert wird. Das vollständige Tagungsprogamm kann auf der Homepage der AVA unter www.ava1.de geladen werden. Auch kurzfristige Anmeldungen zur großen AVA-Nutztierveranstaltung, die 22. AVA-Haupttagung, sind noch möglich.
Zurück zum Buch: Das „Dilemma der Milchkuh“ sollte in keiner tiermedizinischen oder landwirtschaftlichen Bibliothek fehlen. Zum Preis von 12,50 Euro (+Versand) kann es bei der Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA) bestellt werden. E-Mail: post@ava1.de ? Tel: (0 25 51) 78 78 ? Fax: (0 25 51) 83 43 00.

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