Europas Krankenhäuser im Wandel: Neue Perspektiven und Erfolge

Von Nord nach Süd, von West nach Ost – in der facettenreichen Gesundheitslandschaft Europas lassen sich vielfältige Entwicklungen und Erfahrungen beobachten. Unterschiedliche Herangehensweisen und spezifische Konzepte prägen sowohl öffentliche als auch private Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen. Ein genauerer Blick auf den europäischen Krankenhaussektor zeigt nicht nur aktuelle Strukturen und Herausforderungen, sondern auch entstehende Trends. In fünf ausgewählten Regionen betrachten wir, wie Länder mit den komplexen Entwicklungen im Gesundheitswesen umgehen.

Vielfalt im Gesundheitswesen

Krankenhäuser stehen vor unterschiedlichsten Herausforderungen: Kostensenkung, Mangel an Fachkräften, Implementierung digitaler Prozesse sowie Datenschutzthemen. Jedes Land wählt dabei individuelle Ansätze und Strategien diese Herausforderungen zu meistern. Wir werfen einen genaueren Blick auf die Gesundheitssysteme in Dänemark, den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und der Schweiz.

Skandinaviens innovative Lösungen steigern Effizienz und Qualität der Patientenbetreuung

Skandinavische Länder haben frühzeitig auf sogenannte Superkrankenhäuser gesetzt und ihre Organisationsstrukturen grundlegend reformiert. Durch Spezialisierung auf Fachgebiete, Fokus auf Akutbehandlungen und eine Reduzierung der Krankenhausaufenthalte, sowie Investitionen in E-Health, streben staatliche Behörden eine verbesserte Versorgungsqualität und Effizienz an, um gleichzeitig Kosten zu senken.

Beispiel Dänemark: Seit 2007 hat Dänemark eine umfassende Gesundheitsreform eingeführt, die eine Modernisierung der klinischen Landschaft zum Ziel hat. Diese Entwicklung wirkt sich auf ganz Skandinavien aus. Kleine Kliniken wurden in moderne Superkrankenhäuser umgewandelt, die miteinander in einem Wettbewerb stehen, der auf Rankings und Rentabilitätsberechnungen basiert, um Patienten aus dem In- und Ausland anzuziehen.

Einrichtungen wie diese sind mit modernster medizinischer Gebäude- und IT-Technik ausgestattet. Ihr Bestreben liegt darin, den Patienten effizient und erstklassig zu versorgen. Lösungen, die eine Steigerung der Effizienz oder eine bessere Patientenunterstützung versprechen, werden von den Kliniken gerne angenommen, da sie durch staatliche Investitionen besonders gefördert werden.
Der Alltag in den neuen Superkrankenhäusern Skandinaviens ist geprägt von E-Health und Digitalisierung, sowohl in der Ausstattung als auch in der Patientenversorgung. Dies zeigt sich unter anderem in der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer der dänischen Krankenhauspatienten von nur 3,7 Tagen, die kürzeste in der EU. Im Vergleich dazu beträgt der Aufenthalt in Deutschland durchschnittlich 7,2 Tage, doppelt so lang.

Digitalisierung verbessert das niederländische Gesundheitswesen

In den Niederlanden befinden sich öffentliche Krankenhäuser in einem Wettbewerb mit privaten Einrichtungen. Moderne Technologien und hochwertige Behandlungen machen die Krankenhäuser für Patienten äußerst attraktiv, weshalb die Digitalisierung und Automatisierung eine entscheidende Rolle in der niederländischen Gesundheitslandschaft spielen.

Bereits seit einigen Jahren investieren die Niederlande gezielt in die Digitalisierung von medizinischen Prozessen, Pflegemaßnahmen und digitalen Self-Services für Patienten. Dies ist möglich, da die digitale Verschreibung von Therapien und die elektronische Speicherung von Daten schon seit Langem zum Standard gehören. Solche Maßnahmen reduzieren die Kosten im Gesundheitswesen und steigern die Versorgungsqualität – eine Förderung, die der niederländische Staat bewusst vorantreibt.

Wie viele andere Länder stehen auch die Niederlande vor dem Problem des Mangels an Fachkräften. Für das Jahr 2023 sind weitere Investitionen in Höhe von 130 Millionen Euro geplant, um die Arbeitsbelastung des Gesundheitspersonals zu verringern und den Beruf des Gesundheitsdienstleisters für potenzielle Arbeitnehmer attraktiver zu gestalten.

Deutschland – Hohe Gesundheitsausgaben für einen leichteren Zugang
Ein Blick auf den direkten Nachbarn der Niederlande, Deutschland, zeigt, dass das Land im internationalen Vergleich hohe Ausgaben für das Gesundheitssystem aufwendet. Dafür erhalten die Bürger auch einen sehr guten Zugang zum Gesundheitswesen und ein breites Angebot an medizinischen Leistungen. Die Versorgungsqualität bewegt sich jedoch oft nur im Mittelfeld der OECD-Länder.

Der Anteil der öffentlichen Einrichtungen im deutschen Gesundheitssystem nimmt kontinuierlich ab. Er reduzierte sich von 44,6 % im Jahr 1992 auf 29 % im Jahr 2020. Im Gegenzug veräußern immer mehr Kommunen oder Bundesländer ihre Einrichtungen an private, gewinnorientierte Unternehmen. Deren Anteil stieg von 15,5 % im Jahr 1992 auf 38,5 % im Jahr 2020. Obwohl der Anteil der öffentlichen Einrichtungen im Jahr 2020 noch immer den größten Teil der 650.167 Krankenhausbetten in Deutschland ausmacht, ist dieser Anteil rückläufig.

Im Gegensatz zu den nordischen Ländern bringt die Digitalisierung erhebliche Herausforderungen für die deutsche Krankenhauslandschaft mit sich, vor allem aufgrund veralteter oder fehlender IT-Infrastruktur. Um Krankenhäuser hierbei zu unterstützen, ist 2020 das Krankenhauszukunftsgesetz in Kraft getreten. Dieses soll Kliniken bei dem Ausbau der digitalen Infrastruktur finanziell unterstützen. Ebenso stellen strenge Datenschutzbestimmungen und eine hohe Anzahl an bürokratischen Prozessen in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen vor Herausforderungen.

Zusätzlich erschweren die stark dezentralisierten Kliniken einheitliche, zentrale Ansätze. Dennoch zeigt sich ein Trend in der stationären Arzneimittelversorgung: Zentralapotheken versorgen das Hauptkrankenhaus und einige Satelliteneinrichtungen. Gleichzeitig unterstützt der Apothekerverband die zentrale Umverpackung in Einzeldosen im Rahmen eines geschlossenen Medikamentenmanagements.

Digitalisierung und Automatisierung: Frankreichs Fortschritte im Gesundheitswesen
In Frankreich dominieren öffentliche Krankenhäuser den Markt mit etwa 85 %, während der private Sektor 15 % ausmacht. Die französische Krankenhauslandschaft verfügt zudem über eine große Anzahl an Krankenhausbetten (386.918 im Jahr 2020), wobei die meisten in größeren, spezialisierten Einrichtungen zu finden sind. Betrachtet man die Bettenzahl, so zeigt sich ein Rückgang von 7,15 % von 2010 bis 2021, während Deutschland nur einen Rückgang von 3,6 % verzeichnete.

In Bezug auf Digitalisierung und Automatisierung sind die französischen Krankenhäuser weiter fortgeschritten als ihre deutschen Pendants. Besonders bei der Einführung elektronischer Patientenakten und dem Austausch von Gesundheitsinformationen haben sie große Fortschritte gemacht, obwohl sie noch nicht das gleiche Niveau wie die skandinavischen Länder und die Niederlande erreichen. Dies hängt mit der Größe und Komplexität des französischen Gesundheitssystems zusammen.

Dennoch zeigt sich ein klarer Trend zu erhöhten Investitionen in Technologie und Digitalisierung, wobei folgende Ziele im Vordergrund stehen:

• Kosteneffizienz
• Dokumentation
• Patientenmanagement
• Kommunikation zwischen
Gesundheitsdienstleistern

Die Begleitung des medizinischen Fachpersonals bei diesen Veränderungen stellt eine Herausforderung für die französischen Krankenhäuser dar.

Im Bereich der stationären Arzneimittelversorgung setzen die französischen Krankenhäuser zunehmend auf einen zentralisierten Ansatz, der von den Zentralapotheken übernommen wird. Ähnlich wie in Deutschland rückt auch hier der Unit-Dose-Ansatz immer mehr in den Fokus.

Schweiz: Exzellentes Gesundheitssystem mit Fokus auf Digitalisierung

Abschließend betrachten wir die Schweiz. Auch wenn das Schweizer Gesundheitssystem hauptsächlich in der öffentlichen Hand liegt, gibt es auch einen kleinen, aber wachsenden privaten Sektor. Experten sagen voraus, dass die Schweiz möglicherweise in Zukunft ähnliche Modelle wie die Niederlande und Skandinavien übernehmen wird, jedoch wurden konkrete Reformen dazu noch nicht verkündet. Das Schweizer Krankenhaussystem zählt zu den Besten weltweit. Die hohen Ausgaben setzen das Land ebenso unter Druck, Kosten einzusparen.

Schweizer Krankenhäuser haben bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen:

• Digitalisierung
• Modernisierung
• Einführung von elektronischen
Gesundheitsakten
• Schaffung eines Systems für den Austausch
von Gesundheitsdaten
• Telemedizin

Die Schweizer Krankenhäuser konzentrieren sich enorm auf die ambulante Versorgung und die Verkürzung der stationären Aufenthaltsdauer. Dadurch sollen sowohl die Versorgungsqualität verbessert als auch Kosten gesenkt werden. Zusätzlich bündeln die Krankenhäuser ihre Arzneimittelversorgung durch eine Zentralapotheke, die sowohl stationäre als auch ambulante Apotheken beliefert.

Jedoch stellen die hohen Kosten für Digitalisierung und technologische Upgrades, insbesondere für öffentliche Krankenhäuser mit Budgetbeschränkungen, eine Herausforderung dar. Zudem gestaltet sich die sichere Speicherung und Verwaltung sensibler Patientendaten aufgrund strenger Datenschutzbestimmungen oft schwierig. Wie in den meisten europäischen Ländern gibt es auch in der Schweiz einen Mangel an Fachkräften, was den technologischen und digitalen Fortschritt hinsichtlich Qualifikationen, Innovationen und Veränderungen einschränken kann.

Best Practices von den Nachbarn

Unsere Reise durch die verschiedenen europäischen Gesundheitslandschaften schafft ein tiefergehendes Verständnis zu den unterschiedlichen Herausforderungen und innovativen Lösungsansätze der Länder. Durch den Vergleich bewährter Praktiken und die Übernahme erfolgreicher Konzepte anderer Länder können Gesundheitssysteme verbessert werden, um eine bessere Patientenversorgung sicherzustellen.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse stellt die Bedeutung der Digitalisierung im Gesundheitswesen dar. Die Folgen des Fachkräftemangels sind europaweit spürbar wodurch Investitionen in digitale und automatisierte Lösungen unerlässlich wird, um Effizienzsteigerungen herbeizuführen sowie die Kosten zu reduzieren. Letztendlich ermöglicht uns dies, die Patientenversorgung zu priorisieren und die Behandlungsergebnisse zu verbessern.

Im Zentrum all unserer Überlegungen stehen die Patienten. Durch die Umsetzung zukunftsweisender Maßnahmen und die Förderung der digitalen Transformation können wir heute und für kommende Generationen eine patientenorientiertere und nachhaltigere Gesundheitslandschaft schaffen.

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