Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Reinhard Zweigler zum Aus von „Wetten, dass..?“

Drei Mal darf der ZDF-Dauertalker Markus Lanz
noch ran. Dann ist Schluss mit Wetten dass..? Das monatelange mediale
Palaver um die Zukunft des glücklosen Moderators, der nie an die
Popularität von Thomas Gottschalk herankam – was man ihm nicht zum
Vorwurf machen sollte – ist vorbei. Das ZDF zieht den Stecker. Aber
nicht nur neue Sehgewohnheiten in der digitalen Welt haben zum Aus
von „Wetten dass..?“ geführt, sondern vor allem das Schielen der
ZDF-Gewaltigen auf Zuschauerquote und Kosten. Der Fernseh-Dino wurde
beidem geopfert. Warum aber Quote und Geld bei den üppig vom
Rundfunk-Beitragszahler finanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern
die ausschlaggebende Rolle spielen, verstehe, wer will. Die
Unterschiede zwischen ZDF, ARD einerseits und den privaten Sendern
sowie dem Internet-Angebot andererseits verschwimmen immer mehr. Das
Niveau und die eigenen Ansprüche der Sender sind dabei nicht
unbedingt besser geworden, eher ähnlich, langweilig und/oder
krawallig. Dass die große Samstagabend-Familienshow tot sei, bei der
sich die Familien vor dem Bildschirm versammeln, das predigen
selbsternannte Medienexperten schon seit Jahren. Fakt ist, die neuen
Medien haben schon lange Einzug gehalten und damit zur Zersplitterung
der Fernsehgemeinde beigetragen. „Wetten dass..?“ jedoch feierte mit
Gottschalk mit tollen Wetten, internationalen und nationalen
Top-Gästen, klasse Musik und flotten Sprüchen noch Erfolge, da gab es
die neuen Medien längst. Aber natürlich unterlag auch der Mann mit
der Lockenmähne und den ausgefallenen Jacketts dem Scharfrichter der
Quote. Der Bruch kam, als mit dem Wettkandidaten Samuel Koch erstmals
ein Spieler lebensgefährlich verletzt wurde. Vor laufenden Kameras
stürzte er beim waghalsigen Sprung über mehrere Autos und ist seither
querschnittsgelähmt. Ein solches Opfer kann und darf eine
Unterhaltungsshow nicht fordern. Hinzu kamen Vorwürfe der
Schleichwerbung. Gottschalk, der die große Show noch mehr prägte als
Erfinder Frank Elstner vor über 30 Jahren, hatte die Nase voll. Und
er versucht sich seither in wechselnden Formaten bei Privatsendern –
mit nur mäßigem Erfolg. Damit teilt er das Schicksal anderer
Show-Größen des Fernsehens, von Hans-Joachim Kulenkampf bis „Blacky“
Joachim Fuchsberger. Nicht mehr ganz so junge Zuschauer werden sich
erinnern. Am Samstag wurde nun der Beerdigungstermin für die letzte
große Diva des Deutschen Fernsehens festgesetzt: Lanz hat es
zumindest stilgerecht selbst verkündet. Die Erklärung des ZDF in der
anschließenden Heute-Sendung hätte man sich sparen können. Die Frage,
die die Mainzelmänner vom Lerchenberg freilich noch nicht beantwortet
haben, ist die nach der Alternative zu „Wetten dass..?“ Soll am
prominenten Sendeplatz am Samstagabend dann wirklich nur biedere –
und preiswertere – Krimikost die Zuschauer unterhalten? Davon hat das
ZDF, ebenso wie die ARD, aber doch schon mehr als genug im Angebot.
Nun ja, zumindest ein anderer Fernseh-Dino, der ARD-Tatort am
Sonntagabend, wehrt sich tapfer gegen sein Ende. Doch der hat sich
über die Jahre immer wieder neu erfunden, mit neuen Darstellern,
neuen Themen. „Wetten dass..?“ wurden solche Innovationen leider
nicht gegönnt. Eigentlich schade.

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