Neue OZ: Kommentar zu Literatur

Lebendige Klassik

Kann Georg Büchner ein Klassiker sein? Klassik: Das klingt nach
Alter und Autorität, nach Musenhof und Marmorstandbild. All das hat
Büchner abgelehnt. Er wurde nur 23 Jahre alt. Sein kurzes Leben ist
ein Schnelldurchlauf, vom wütenden Protest bis zur verbitterten
Resignation, vom Liebesglück bis zu Krankheit und Tod. Für klassische
Größe scheint da kein Platz. Und doch muss Büchner ein Klassiker
genannt werden. Er ist ein Klassiker der Unruhe und des Widerspruchs.
Seine Dichtungen verletzen die Gebote der Schönheit und der
literarischen Gattungen. Aber sie fordern bis heute heraus, mit
innovativer Kraft und sprachlicher Brillanz. Wie Heinrich Heine oder
Paul Celans bleiben Büchners Texte Unruheherde. So lebendig kann ein
Klassiker sein.

Stefan Lüddemann

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Neue Osnabrücker Zeitung
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