Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP): Ältere
Menschen, die ihre eigene Gesundheit als schlecht einschätzen, haben
nach neuesten Studienerkenntnissen ein vierfach erhöhtes Pflegerisiko
Pflegebedürftigkeit ist nicht nur Schicksal. Durch Beeinflussung
von Risiken und Ressourcen kann die Entstehung von Pflegebedarf
verzögert, gemindert oder sogar vermieden werden. Dies geht aus einer
gemeinsamen Studie der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege
und des Instituts für Medizinische Soziologie und
Rehabilitationswissenschaft der Charité hervor, die sich mit den
Entstehungsbedingungen von Pflegebedürftigkeit auseinandersetzt. Die
Ergebnisse veranschaulichen, dass Pflegebedürftigkeit nicht nur im
Zusammenhang mit bestimmten, körperlichen Beeinträchtigen, wie
Schlaganfall oder Krebs, hohem Alter sondern auch mit
gesundheitsrelevantem Verhalten entsteht. Deutlich sei besonders der
Befund, so die Forscher, dass auch das subjektive
Gesundheitsempfinden der Probanden bei der Entstehung von
Pflegebedarf eine zentrale Rolle spielt. So ist das Pflegerisiko für
ältere Menschen, die ihre eigene Gesundheit als schlecht oder sehr
schlecht einschätzen, knapp vierfach höher als bei den Personen, die
ihre eigene Gesundheit gut bis sehr gut bewerten.
„Unsere Studie zeigt: ein positiver Umgang mit gesundheitlichen
Krisen und Einschränkungen kann dazu beitragen, das Risiko von
Pflegebedürftigkeit abzufedern. Dazu müsste die Selbstständigkeit
sowie das Wohlbefinden der Menschen viel stärker als bisher in der
pflegerischen Versorgung gefördert werden. Dazu gehört auch, trotz
Pflegebedürftigkeit, die Pflege von sozialen Beziehungen und
Interessen möglich zu machen“, erklärt Dr. Ralf Suhr,
Vorstandsvorsitzender des ZQP. Im Hinblick auf die immer größer
werdende Zahl von Pflegebedürftigen müssten die präventiven und
gesundheitsfördernden Möglichkeiten in der Pflege viel stärker als
bisher genutzt werden, ergänzt Suhr.
Denn, wie die ZQP Studie auch belegt, eine Pflegebedürftigkeit
bedingt nicht zwangsläufig eine negative Bewertung der subjektiven
Gesundheit: Jeder vierte Pflegebedürftige bewertet den eigenen
Gesundheitszustand als gut oder sogar sehr gut. „Gerade diese
gesundheitlichen Ressourcen und individuellen Fähigkeiten gilt es
besser als bisher auszuschöpfen. Dazu sollte in der Pflege
systematisch berücksichtigt werden, was der pflegebedürftige Mensch
selbstständig machen kann und will. So können vorhandene individuelle
Fertigkeiten genutzt, erhalten und vielleicht sogar verloren
geglaubte Aspekte der Autonomie wieder gewonnen werden“, sagt Suhr.
In der Gesamtschau aller in der Studie betrachteten
beeinflussbaren Risikofaktoren rangiert eine schlechte subjektive
Gesundheitswahrnehmung nach Immobilität und einem hohen Alter an
dritter Stelle. Der größte Risikofaktor für die Pflegebedürftigkeit
liegt damit in einer eingeschränkten Mobilität. Entsprechend seien
eine barrierefreie, die Selbständigkeit fördernde inner- und
außerhäusliche Wohnumwelt und nutzerfreundliche Technologien nicht
nur wichtig für die Lebensqualität und Teilhabe älterer Menschen,
sondern auch im gesamtgesellschaftlichen Interesse. „Hier besteht auf
der Seite der Wohnungswirtschaft und der kommunalen Ebene noch großer
Nachholbedarf“, so Suhr.
Damit der Grad der Selbstständig bereits bei der Begutachtung von
Pflegebedarf im Mittelpunkt steht, plant die Bundesregierung die
Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der 2017 in
Kraft treten soll. Dahinter steht die Idee, künftig bei der
Begutachtung nicht mehr die Defizite, sondern die erhaltenen
Fähigkeiten bzw. den Grad der Selbstständigkeit eines Menschen
einzuschätzen. Zudem soll die Pflegebedürftigkeit unabhängig davon
bemessen werden, ob ein Mensch Hilfebedarf aufgrund körperlicher oder
kognitiver Einschränkungen hat.
Mehr zur aktuellen ZQP-Studie unter www.zqp.de
Pressekontakt:
Torben Lenz
Tel: 030 275 93 95 – 15
E-Mail: torben.lenz@zqp.de