Früher wurde die Geburtshilfe hauptsächlich durch traditionelle Hebammen ohne formale Ausbildung durchgeführt, doch ab dem 20. Jahrhundert wurde diese Berufsgruppe immer mehr in das medizinische System integriert. Auch die Anforderungen an die praktizierenden Geburtenhelferinnen änderten sich, sodass moderne Hebammen selbst in der Lage sind, eine Vielzahl medizinischer Eingriffe durchzuführen und mit fortschrittlichen Technologien zu arbeiten.
Professorinnen gesucht
Die klassische Ausbildung zur Hebamme wird in Deutschland derzeit durch das Hebammenstudium ersetzt, weiß Prof. Karin Handl, Professorin für Hebammenwissenschaft an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg: „Die übliche Ausbildung gibt es so nicht mehr und das duale Studium ist der einzige Ausbildungsweg zur Hebamme.“ Und das ist gut so, denn die Akademisierung des immer komplexeren und technisch anspruchsvollen Berufs soll die notwendigen Grundkenntnisse vermitteln, die Hebammen schon heute brauchen, um wissenschaftlich evidenzbasierte Entscheidungen treffen zu können. Das ist Standard in der modernen Medizin. Und wird die Qualität der Geburtshilfe weiter verbessern.
Dafür braucht es aber vor allem eines: Professorinnen und Professoren in der Hebammenwissenschaft! Sie sind derzeit deutschlandweit sehr gefragt, um diese Umstellung voranzutreiben – und gleichzeitig rar. Denn wo es wenige Abschlüsse gibt, weil nicht genug Lehrpersonal existiert, ist es schwerer zu promovieren. Für eine sogenannte „W2-Professur“ an einer Hochschule braucht es, neben mindestens fünfjähriger Praxiserfahrung außerhalb der Bildungseinrichtung, auch einen Doktortitel – oder ein entsprechendes Äquivalent.
Auch ohne Doktor Professorin werden
Die Promotion können studierte Hebammen aber trotzdem nachholen, und zwar während sie als Professorinnen arbeiten – wie auch Prof. Karin Handl: Sie lehrt als Nachwuchsprofessorin in einer W1-Stelle am Standort Bamberg. Ihre langjährige Erfahrung als Hebamme im Klinikdienst und der Wochenbettbetreuung hilft ihr dabei, ihre Vorlesungen praktisch zu gestalten, um Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln: „Wissenschaftliche Evidenzen, Forschungsergebnisse und Erfahrungsevidenzen sind für mich die Grundlage, um die relevanten Inhalte für das Studium auszuwählen. Die Darbringungsform hängt von der Lehrveranstaltung ab und ermöglicht es, den zukünftigen Arbeitsalltag der Studierenden früh zu berücksichtigen.“
Der Studiengang Hebammenwissenschaft?ist ein duales Bachelorstudium an der Hochschule Coburg, in dem sich die Studierenden das notwendige theoretische und praktische Wissen erarbeiten. Während der gesamten Studiendauer sind sie in einer von mehreren Partnerkliniken angestellt. Dort absolvieren sie ihre Praxiseinsätze, begleiten erfahrene Hebammen in den Diensten und übernehmen nach und nach Aufgaben, bis sie letztendlich eigenständig Frauen betreuen können. Mindestens einmal während der Studienzeit lernen sie in einem außerklinischen Einsatz die freiberufliche Hebammentätigkeit kennen.
Akademischer Aufstieg an der Hochschule Coburg
Noch befindet sich der Studiengang im Aufbau. Das ist Chance und Herausforderung zugleich, weiß die Professorin: „Mit jedem Jahrgang lernen wir viele junge Frauen kennen, die Hebammen werden wollen und zielstrebig den Weg dahin verfolgen. Wir haben viele externe Lehrende, die Praxispartner und Praxispartnerinnen und unser Kernteam, die Studierende unterstützen. Doch wir brauchen noch Ressourcen: personelle, um das Kernteam zu erweitern, und zeitliche, um Modulhandbuch, Praktikumscurriculum oder auch staatliche Examensprüfungen qualitativ hochwertig zu konzipieren.“
Derzeit gibt es noch Stellen im Bereich Hebammenwissenschaft an der Hochschule Coburg zu besetzen. Starten Sie jetzt ihre akademische Karriere bei uns!
Von Andreas T. Wolf