Wer spinnt hier eigentlich? / Dokumentarfilmer sucht 3.900 Euro über Internet

Ausgezeichnet mit dem bayrischen Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung gilt Walter Steffen als vielbeachteter regionaler Filmregisseur. Dennoch ist er darauf angewiesen, sein neuestes Projekt ‚Gradaus daneben‘ ohne die Unterstützung von Fernsehsendern oder Filmförderungen zu produzieren – und vor allem zu finanzieren. „Knapp acht Prozent des Budgets können mithilfe der Heimatpflege des Bezirks Oberbayern und des Landkreises Starnberg gedeckt werden. Der Rest muss über Sponsoren finanziert werden“, erklärt der unabhängige Filmemacher.

Deswegen setzt Steffen auf das Prinzip des Crowdfunding, das seit einem halben Jahr in Deutschland Einzug hält. Mit einer Vorstellung des Projekts auf der Plattform www.mysherpas.com ruft Walter Steffen nun persönlich zum Spenden auf. Dafür zeigt er in einem kurzen Video, worum es in seinem fünften Dokumentarfilm gehen soll. Seinen Geldgebern dankt er mit Prämien, die je nach Höhe der Spendensumme von Kino-Plakaten bis hin zur Einladung zur Premierenparty des Films reichen: „Da ich unabhängige Filme mit Menschen für Menschen mache, finde ich es sehr passend, wenn die Finanzierung des Films zu einem kleinen Stück von den Menschen mitgetragen wird, die den Film letztlich auch sehen können – so kann jeder den Film ein Stück zu „seinem“ Film machen.“

‚Gradaus daneben‘ soll neun Menschen portraitieren, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm leben und dennoch wichtig für jene sind: Querdenker, Poeten, Narren – „die G’spinnerten“, wie der Untertitel des Films sie nennt. Sie alle sollen mit Kasperl Larifari verbunden sein. Larifari wiederum soll gespielt werden von Dr. Döblingers geschmackvollem Kasperltheater, das seit Jahren durch Bayern tourt. Ein Film, der die Welt laut Regisseur Walter Steffen bunter machen soll.

Die Welt bunter machen – das ist auch der Wunsch von Tim Busse, Mitgründer der Crowdfunding-Plattform mySherpas. „Jeder, der eine außergewöhnliche Idee hat, dem aber das Geld zur Umsetzung fehlt, kann hier sein Glück versuchen“, rät er. Schließlich ist Crowdfunding nicht nur ein Mittel für die finanzielle Unterstützung von Projekten. Es kann auch zeigen, wie viele Menschen an eine Idee glauben und damit Vertrauen in das eigene Projekt schaffen. So wurden seit dem Start der Plattform im September 2010 bereits 13 Projekte erfolgreich umgesetzt – von Technologieentwicklungen, wie einem Kameraschwebestativ, über zahlreiche Filme bis zum Dach für ein Waisenhaus in Sri Lanka.

Einzige Bedingung: Die zuvor selbst gesetzte Budgetgrenze muss innerhalb von 90 Tagen erreicht werden. Geschieht dies nicht, werden alle Spender nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip wieder ausgezahlt und das Projekt verworfen. Damit das nicht geschieht, schreibt Walter Steffen potentielle Geldgeber persönlich über Mailing-Listen an und hält Interessierte auf seinem Blog www.gradausdaneben.de auf dem Laufenden.

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