Bei der Fußball-EM in Frankreich werden wieder Höchstleistungen von den Sportlern erwartet – eine große Belastung vor allem für das Sprunggelenk. Zu den typischen Verletzungen bei Sportlern, besonders bei Fußballern, zählt der Riss der Syndesmose. Schon Michael Ballack und Marco Reus mussten wegen einer Verletzung der Syndesmose am Sprunggelenk pausieren. Ballack konnte daraufhin nicht an der Fußball-WM 2010 in Südafrika teilnehmen, Reus nicht an der WM 2014 in Brasilien. Aber auch Freizeitsportler können betroffen sein.
Das Wort Syndesmose stammt aus dem Griechischen, es ist eine Zusammensetzung der Begriffe „syn“ (zusammen) und „desmos“ (Band). Die Syndesmose hält das Sprunggelenk zusammen, genauer gesagt das untere Schienbein und das Wadenbein. Es erfüllt damit eine wichtige Funktion im Körper, sorgt für Stabilität. Dabei ist das stabile Band nur zwei bis drei Zentimeter lang und ungefähr so breit wie ein Finger.
Dr. Ernst-Helmut Schwer, Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin der Klinik Fleetinsel Hamburg: „Ist die Syndesmose beschädigt oder gerissen, fehlt die Stabilität im Sprunggelenk. Der Mensch kann seinen Fuß nicht mehr richtig belasten und keinen Sport mehr ausüben.“
Die häufigste Ursache von Verletzungen der Syndesmose ist ein Verdrehen und Unknicken des Sprunggelenks. Dabei werden Schien- und Wadenbein auseinander geschoben. Bei einer starken Verdrehung halten die Bänder der heftigen Belastung nicht stand. Es kommt zum Teilriss oder kompletten Riss.
„Meistens reißt das Band, wenn der Fuß nach innen wegknickt. Es reicht oft schon, wenn beispielsweise ein Fußballer umknickt und den Fuß verdreht“, weiß Dr. Schwer. Manchmal tritt ein Syndesmose-Riss auch nach einem Sturz aus einer gewissen Höhe auf oder wenn etwas sehr Hartes auf das Fußgelenk prallt. Dabei wird die Gelenkgabel förmlich gesprengt, wodurch auch die Syndesmose reißt. Manchmal bricht zusätzlich auch noch der Außenknöchel.
Ist das Band teilweise oder komplett gerissen, werden das Schienbein und das Wadenbein mit jedem Schritt auseinandergedrückt. Syndesmose-Verletzungen gehen daher immer mit Belastungsschmerzen einher. Sobald man auf den Fuß tritt, spürt man einen starken Schmerz. Außerdem kommt es zu örtlichen Schwellungen und Druckschmerzen rund um das Sprunggelenk.
„Bei einem Teilriss ist das Gehen schmerzhaft, aber zum Teil noch möglich. Bei einem kompletten Syndesmose-Riss kann der Betroffene überhaupt nicht mehr laufen“, erläutert Dr. Schwer. Das Gelenk wird instabil.
Für die Diagnose führt der Orthopäde eine genaue Untersuchung und Ultraschallkontrolle durch. Meistens wird auch ein Röntgenbild angefertigt. Ergänzend erfolgt oft noch eine MRT-Untersuchung. So kann er den Riss oder Teilriss der Syndesmose deutlich erkennen.
Im akuten Studium sollte ein Syndesmose-Riss nach dem sogenannten PECH-Schema behandelt werden: Pause-Eis-Compression-Hochlagerung. Das bedeutet: Sofortige Entlastung des betroffenen Sprunggelenks, lokale Kühlung und Kompression sowie Hochlagerung des Beins. Diese Maßnahmen lindern die Schmerzen und reduzieren die Schwellung.
Sofern die Syndesmose nur gedehnt oder angerissen ist, reicht in der Regel eine konservative Therapie. Dabei wird die betroffene Syndesmose durch eine Unterschenkelschiene sowie durch einen Stützverband für mehrere Wochen ruhiggestellt und entlastet. Das Band wächst dann im Idealfall von allein wieder zusammen.
Bei einem vollständigen Syndesmose-Riss ist eine Operation unumgänglich. Bisher war es üblich, das Band einfach zusammenzunähen und es anschließend mit einer Stellschraube zu stabilisieren. Die Schraube sorgt dafür, dass der richtige Abstand zwischen Schien- und Wadenbein erhalten bleibt. War nicht mehr genügend Bandmaterial vorhanden, wurden benachbarte Sehnen oder auch die Knochenhaut zur Rekonstruktion herangezogen.
Dr. Schwer: „Nachteil dieser Behandlung ist vor allem, dass die Heilung sehr lange dauert, denn das Band wird kaum durchblutet. Es dauert sehr lange bis der Patient das Sprunggelenk wieder belasten kann. Außerdem ist die genähte Syndesmose anfangs nicht stabil. Bei starker Belastung droht ein neuer Riss. Mitunter bricht bei Überlastung sogar die Schraube.“ Weiterer Nachteil: Ein zweiter Eingriff zur Entfernung der Schraube ist notwendig.
Jetzt gibt es eine neue Operationsmethode: ein dynamisches Plättchen-Faden-System („Tight Rope“). Dr. Schwer erläutert: „Mit einem speziellen Doppelfaden werden beide Knochen zusammengezogen und festgehalten. Damit die Fäden nicht verrutschen, werden Metallplättchen am Schien- und Wadenbein verankert.“ Die Plättchen (Titan) und Fäden können im Körper verbleiben. Es ist somit kein zweiter Eingriff zur Entfernung der Plättchen oder Fäden notwendig. Weiterer Vorteil dieser Methode ist eine hohe Stabilität, die eine frühe funktionelle Nachbehandlung ermöglicht.
In den ersten sechs Wochen nach der Operation ist bereits eine Teilbelastung möglich. Der Patient erhält zwei Unterarmgehstützen und einen abnehmbaren Stiefel. Schon während dieser Zeit kann die Reha und Aufbauphase beginnen. „Meistens kann nach zwölf Wochen schon wieder der aktive Sport aufgenommen werden“, sagt Dr. Schwer.