„Das Cabinet des Dr. Caligari“ nach Restaurierung jetzt in digitaler Kinoqualität (FOTO)


 

– Bertelsmann setzt mit Projektförderung Zeichen für
Digitalisierung des Filmerbes im digitalen Medienzeitalter
– Murnau-Stiftung: Restaurierung dank Kameranegativ und modernster
Digitaltechnik ein voller Erfolg

Fast ein Jahrhundert nach der Uraufführung kann der
Stummfilmklassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ von Robert Wiene
aus dem Jahr 1920 in digitaler Kinoqualität (4K) neu erlebt werden.
Mit der umfassend angelegten digitalen Restaurierung stellten die
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung als Rechteinhaberin und das
internationale Medienunternehmen Bertelsmann als Hauptsponsor den
Erhalt eines der weltweit bedeutendsten Stummfilme sicher, der als
Meilenstein des expressionistischen Kinos gilt und Filmemacher bis
heute inspiriert. Beide Partner präsentierten am Montag in Berlin
Arbeitsergebnisse der Restaurierung und setzten sich zugleich für den
Erhalt des deutschen Filmerbes ein.

Die digital restaurierte Fassung von „Das Cabinet des Dr.
Caligari“, eine Koproduktion mit ZDF/ARTE, wird am 9. Februar bei der
Berlinale mit der Musik von John Zorn welturaufgeführt und drei Tage
später auf dem Kulturkanal ARTE erstmals im Fernsehen gezeigt. Für
Kinos, Festivals und Veranstalter ist der Film ab 17. Februar als DCP
im Verleih der Murnau-Stiftung erhältlich;
Home-Entertainment-Editionen auf DVD und Blu-ray sollen folgen. Ohne
die digitale Restaurierung hätte der Film aus dem Ufa-Bestand in den
kommenden Jahren nur noch in wenigen Kinos mit analoger Technik
abgespielt werden können.

„“Das Cabinet des Dr. Caligari“ zählt zweifellos zu den
bedeutendsten Filmen nicht nur im umfangreichen Bestand der
Murnau-Stiftung, sondern des Genres insgesamt“, erklärte der
Vorsitzende der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Ernst Szebedits.
„Umso bedauerlicher war es, dass es trotz mehrerer
Restaurierungsversuche in den 80er und 90er Jahren bis zuletzt keine
qualitativ angemessene Fassung dieses expressionistischen
Meisterwerkes gab. Dies hat sich nun dank des noch vorhandenen
Kameranegativs, modernster digitaler Technik, handwerklicher
Präzision und finanzieller Unterstützung durch Bertelsmann und andere
erfreulicherweise geändert: Der Film strahlt in neuem Glanz und neuer
Bildqualität und kann jetzt auf allen zeitgemäßen Kanälen verbreitet
werden.“

„Als Medienunternehmen, das von und für Kreativität lebt, sind uns
nicht nur aktuelle, sondern auch bedeutsame Werke früherer Tage
wichtig – insbesondere wenn es darum geht, sie zu erhalten und dem
heutigen Publikum zugänglich zu machen“, erläuterte der
Vorstandsvorsitzende von Bertelsmann, Thomas Rabe, das Engagement des
Konzerns. „Wir wollen damit vor allem auch ein Zeichen setzen für die
dringend benötigte Digitalisierung des Filmerbes. Die deutschen
Filmarchive dürfen mit dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden –
wir riskieren sonst, dass wertvolle Filme in Vergessenheit geraten
oder gar verloren gehen.“ Der Bertelsmann-Chef erinnerte an ähnliche
kulturelle Aktivitäten des Unternehmens in anderen Bereichen, so etwa
beim 1994 übernommenen Ricordi-Archiv in Mailand, dessen wertvolle
Zeugnisse europäischer Opernkultur Bertelsmann erschließe,
digitalisiere und seit 2013 auch der europäischen Öffentlichkeit
zugänglich mache. „Bedeutende historische Kulturgüter – musikalische,
filmische, literarische Meisterwerke – verdienen es, sorgsam in die
Zukunft überführt zu werden“, so Rabe.

Ernst Szebedits schilderte die Arbeit an der Restaurierung: „Wir
konnten erstmals das fast vollständig erhaltene Kameranegativ aus dem
Bundesarchiv-Filmarchiv verwenden und damit ein Ergebnis in bislang
nicht gekannter Qualität erzielen. Dank verschiedener Verleih- und
Archivkopien der 1920er und -30er Jahre ist der Film jetzt auch
vollständiger als zuvor. In aufwändiger Kleinarbeit wurden
Bildsprünge und fehlende Bilder in Einstellungen aufgefüllt. Auch die
historische Färbung und die expressionistischen Zwischentitel konnten
auf digitalem Wege überzeugender reproduziert werden als in den
bisherigen restaurierten Fassungen“, so der Vorstand der
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung.

Bei der Restaurierung arbeitet die Stiftung mit dem
Bundesarchiv-Filmarchiv in Berlin und weiteren Archiven zusammen.
Neben Bertelsmann als Hauptsponsor förderten auch die VGF
Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken und der
Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien das Projekt.

Die Restaurierungsarbeiten unter Aufsicht der Restauratorin Anke
Wilkening erstreckten sich über einen Zeitraum von April 2012 bis
Januar 2014. Die Wiesbadener Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung führte
dazu erstmals alle verfügbaren filmischen Quellen zusammen, konkret
die Materialien von nationalen Archiven (Bundesarchiv-Filmarchiv in
Berlin, Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen in Berlin
und Filmmuseum Düsseldorf) sowie von internationalen Archiven
(Archivo Nacional de la Imagen-SODRE, Montevideo; Cineteca di
Bologna; British Film Institute, London; Cinémathèque française,
Paris; Museum of Modern Art, New York; Cinémathèque Royale de Belge,
Brüssel; Fondazione Cineteca di Milano). Die Materialien wurden in
Wiesbaden analysiert und verglichen. Mit der technischen Umsetzung
wurde die Fachfirma L“Immagine Ritrovata – Film Restoration &
Conservation (Bologna) beauftragt. Dort erfolgten Scan, digitale
Bildrestaurierung und das Mastering in 4K-Auflösung.

Bei den 64. Internationalen Filmfestspielen Berlin feiert die
digitale restaurierte Fassung des Films am 9. Februar 2014 als
Highlight der Berlinale Classics ihre Weltpremiere. Der renommierte
Jazz-Musiker John Zorn begleitet den Stummfilm live mit einer neuen,
teilweise improvisierten Musik an der Orgel im Großen Saal der
Berliner Philharmonie. Die Präsentation ist eine Kooperation der
Internationalen Filmfestspiele Berlin mit der Stiftung Deutsche
Kinemathek, der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, der Stiftung
Berliner Philharmoniker sowie dem ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE und
2eleven || zeitgenössische musikprojekte.

Bertelsmann erwartet im Anschluss an die Uraufführung mehrere
hundert Gäste, darunter viele prominente Persönlichkeiten aus
Kulturbetrieb, Wirtschaft und Gesellschaft, zu einem Empfang in der
Berliner Repräsentanz „Unter den Linden 1“.

Über den Film

Gedreht wurde „Das Cabinet des Dr. Caligari“ von der
Decla-Film-Gesellschaft Holz & Co., die 1922 von der damaligen
Universum Film (Ufa) übernommen wurde. Die Dreharbeiten, deren
genauen Daten nicht überliefert sind, fanden vermutlich ab September
1919 im Lixie-Atelier Berlin-Weissensee statt.

In dem Film wird die Geschichte des unheimlichen Dr. Caligari
(Werner Krauss) erzählt, der einen weissagenden Schlafwandler namens
Cesare (Conrad Veidt) auf dem Jahrmarkt von Holstenwall zur Schau
stellt. Dieser sagt einem wissbegierigen Besucher den Tod voraus und
tatsächlich wird Alan (Hans-H. v. Twardowski) nachts ermordet.
Franzis (Friedrich Fehér), dessen bester Freund und Konkurrent um die
schöne Jane (Lil Dagover), verdächtigt Caligari und Cesare und nimmt
auf eigene Faust Ermittlungen auf.

Weitere ungeklärte Mordfälle ereignen sich, schließlich soll Jane
auf Geheiß Caligaris von Cesare getötet werden. Es kommt zu einer
Verfolgungsjagd, bei der Cesare zusammenbricht, Jane gerettet wird
und Dr. Caligari in ein Irrenhaus flüchtet. Dort muss sein Verfolger
Franzis feststellen, dass Dr. Caligari der Direktor der Anstalt ist.
Offenbar wurde dieser, beseelt von einem mystischen Fall aus dem 18.
Jahrhundert, selbst verrückt bei dem Bestreben, einem Schlafwandler
seinen Willen aufzuzwingen. Schließlich wird Caligari in eine
Zwangsjacke gesteckt.

Doch mit dieser erzählten Binnenhandlung ist der Film nicht zu
Ende. Denn in der Rahmenhandlung kehrt Franzis, der Erzähler, in die
Irrenanstalt zurück, wo er alle Beteiligten als Insassen antrifft –
ebenso wie Caligari, der als gütiger Anstaltsleiter nun angibt, den
Schlüssel zur Heilung von Franzis zu kennen. Was stimmt und wer nun
wahnsinnig ist – Caligari oder Franzis – lässt der Film letztlich
offen.

Zur Rezeption

Schon vor der Uraufführung am 26. Februar 1920 im Berliner
Marmorhaus-Kino sorgte der Film für Aufsehen. Mit dem Satz „Du musst
Caligari werden“ wurde großflächig in Berlin geworben – zunächst ohne
Hinweis darauf, dass es um einen Film geht. Die Ankündigung, dass es
sich um den ersten „expressionistischen Film“ handeln werde, weckte
hohe Erwartungen an die künstlerische Qualität. Bis auf wenige
Ausnahmen stieß der Film auf eine begeisterte Presseresonanz. Auch
beim Publikum fand er großen Zuspruch und lief im Premierenkino vier
Wochen am Stück.

Im Ausland erzeugte „Das Cabinet des Dr. Caligari“ ebenfalls eine
hohe Aufmerksamkeit. In Paris, London und New York lief der Film mit
großem Publikumszuspruch. Gerade bei den früheren Gegnern des 1918 zu
Ende gegangenen Ersten Weltkrieges polarisierte der erste Erfolgsfilm
des Weimarer Kinos, für dessen Neuartigkeit der Begriff
„Caligarismus“ geprägt wurde.

„Das Cabinet des Dr. Caligari“ zählt zum Kanon der Filmklassiker.
Siegfried Kracauers sozialpsychologische Schrift „Von Caligari zu
Hitler“ (1947), die in Filmen des Weimarer Kinos eine kollektive
Sehnsucht der Deutschen nach einem Tyrannen zu erkennen glaubte,
prägt die Wahrnehmung des Films bis heute.

Von den Mitwirkenden des Films, insbesondere den Drehbuchautoren
und den Architekten, verbreitete Erinnerungen und Anekdoten trugen
maßgeblich zur Legendenbildung um „Das Cabinet des Dr. Caligari“ bei.
Später aufgetauchte Dokumente wie das Originaldrehbuch ermöglichten
die Dekonstruktion vieler Mythen.

HINWEIS: Bertelsmann stellt auf einer Sonderseite umfangreiches
Hintergrund- und Bildmaterial zum Thema bereit: http://ots.de/zoIIO

Über Bertelsmann

Bertelsmann ist ein internationales Medienunternehmen, das mit den
Kerngeschäften Fernsehen (RTL Group), Buch (Penguin Random House),
Zeitschriften (Gruner + Jahr), Dienstleistungen (Arvato) und Druck
(Be Printers) in rund 50 Ländern der Welt aktiv ist. Mit mehr als
100.000 Mitarbeitern erzielte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2012
einen Umsatz von 16,1 Mrd. Euro. Bertelsmann steht dabei für
Kreativität und Unternehmergeist. Diese Kombination ermöglicht die
Schaffung erstklassiger Medien- und Kommunikationsangebote, die
Menschen auf der ganzen Welt begeistern und Kunden innovative
Lösungen bieten.

Über die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung

Die Murnau-Stiftung pflegt – als Archiv und Rechteinhaber – einen
bedeutenden Teil des deutschen Filmerbes. Wichtigstes
Stiftungskapital ist der einzigartige, in sich geschlossene
Filmstock, der Kopien und Materialien sowie Rechte der ehemaligen
Produktionsfirmen Ufa, Decla, Universum-Film, Bavaria, Terra, Tobis
und Berlin-Film umfasst. Dieser kultur- und filmhistorisch
herausragende Bestand – mehr als 6000 Stumm- und Tonfilme (Spiel-,
Dokumentar-, Kurz- und Werbefilme) – reicht von Beginn der Laufbilder
bis zum Anfang der 1960er Jahre. Dazu gehören Filme bedeutender
Regisseure wie Fritz Lang, Ernst Lubitsch, Detlef Sierck, Helmut
Käutner und Friedrich Wilhelm Murnau, dem Namensgeber der Stiftung.
Zu den bekanntesten Titeln zählen DAS CABINET DES DR. CALIGARI
(1919/20), METROPOLIS (1927), DER BLAUE ENGEL (1929/30), DIE DREI VON
DER TANKSTELLE (1930), MÜNCHHAUSEN(1942/43) und GROSSE FREIHEIT NR.7
(1943/44).

Pressekontakt:
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