Landrat Heinz Eininger freute sich bei der Ausstellungseröffnung in den Pulverwiesen über den regen Publikumszuspruch, sowohl bei der Vernissage als auch während der bevorstehenden viermonatigen Ausstellungsdauer. „Bei täglich etwa 800 Besuchern im Landratsamt werden viele Menschen mit den Bildern in Berührung kommen. Die Gemälde sehen so täuschend echt aus, dass man fast der Illusion erliegt, es handle sich um Fotografien“, so der Hausherr bei der Begrüßung der zahlreichen Vernissagegäste. Eininger betonte, dass der Landkreis seit Jahrzehnten mit Fohrer verbunden ist, dessen Atelier sich im Dettinger Park in Plochingen befindet.
Kurator Dr. Tobias Wall sprach denn auch in seiner Einführungsrede vom „Meister der Illusionsmalerei“, dessen Arbeiten aber weit mehr seien als „hyperrealistische Virtuosenstücke“. Bei aller illusionistischen Wirkung entfalten sie auch eine abstrakte, eine informelle Kraft. Wall machte auf ein zweiteiliges Bild aus der Serie „Waterface“ aufmerksam, bei dem dieser Effekt besonders deutlich sei. „Man sieht nicht nur Licht- und Farbreflexe, man spürt das Wasser, die Luft, die es bewegt. Man möchte hineintauchen. Also geht man auf das Bild zu.“ Beim Näherkommen löst sich das gegenständliche Motiv auf in verschlungene, farbige Pinselstriche. Der schöne Schein der Wasserillusion weiche der schönen Realität abstrakter Formen und Farben.
Die Flüchtigkeit spielt in Werner Fohrers Schaffen eine zentrale Rolle. Seine Motive werden nie statisch – wie beispielsweise durch die verwirrenden Spiegelungen im Schaufensterbild „Die stille Beobachterin“ von 1979 aus der Sammlung der Kreissparkasse sichtbar wird. Ein Meer von Lichtern und Leuchtpunkten erzeugen die stimmungsvolle Atmosphäre in den urbanen Nachtlandschaften. Ein fein ausbalanciertes Gleichgewicht von Sinnlichkeit und Sachlichkeit nimmt Wall in Fohrers Landschaften wahr. Die Wirklichkeit scheint dort stillzustehen, ganz im Gegensatz zu den „Streetview-Bildern“. Über Google-Maps zoomt sich der 69 Jahre alte Künstler, der in den 1970-er Jahren in Hamburg und Stuttgart studierte, in alle Herren Länder. In London, Brüssel, Nizza, Paris und Jekaterinburg schlendern Menschen mit unkenntlich gemachten Gesichtern telefonierend und lesend durch die Straßen.
Auch die gewaltige idyllische Naturkulisse der „Everest“-Reihe ist ein künstlerisches Produkt des Internetzeitalters. „Beim Zoomen sieht man sogar Zeltstädte und Bergsteiger“, verrät Fohrer im Gespräch mit Kurator Wall. Das Wissen um die Flüchtigkeit des Moments und um die Endlichkeit des Lebens lese man aus den Porträts, so Wall. Ein Beispiel von liebevoll-zarter Melancholie ist das großformatige Frauenbildnis „D. I.“. Es zeigt Werner Fohrers erst vor kurzem verstorbene Frau Dusa Isijanov.
Die Ausstellung im Landratsamt Esslingen, Pulverwiesen 11, dauert bis 27. Januar 2017; sie ist an Arbeitstagen ab 7:30 Uhr geöffnet und schließt montags, dienstags, mittwochs um 15 Uhr, donnerstags um 18 Uhr und freitags um 12 Uhr.