Für die Ausstellung hat Linde Hartmann mehr als achtzig Gemälde, Zeichnungen und Fotografien aus den letzten sechs Jahren zusammengestellt.
Bei der ersten Betrachtung überrascht das breite Spektrum unterschiedlicher künstlerischer Herangehensweisen von gegenständlichen bis zu abstrakten Arbeiten. Hier ist der Wandel Programm. Linde Hartmann hat ganz offensichtlich kein Interesse daran, einmal gefundene Lösungen zu wiederholen und mit einer begrenzten Formensprache eine Marke aufzubauen. Es geht um einen Erkenntnisprozess, der sich befreien will von allem Wissen um Verwendung, Funktion und Nutzwert des Gegenstandes, um so zum Wesen der Erscheinung vorzudringen. So sehen wir Bilder, die in komplexer Erzählung mit Zeit und Raum spielen, wie das großformatigen Bild „Lustwandeln“. Ein Bild mit eigenartig in der Bewegung ruhenden Figuren, jede in einer individuellen und gleichzeitig stilisierten Formulierung zwischen Kontemplation und Expression.
Viele der Arbeiten erschließen Emotion und Wandlung sich durch das Serielle. Zum Beispiel lässt der immer wiederholte Blick auf eine Mahonie, der sich zu unterschiedlicher Zeit mit ebenso unterschiedlichen inneren Bildern mischt in der Serie „Mahonia Aquafolium“ immer neue Assoziationsketten entstehen.
Die stilistische Vielfalt entwickelt sich stets aus einem Wechselspiel zwischen Idee, Material und Thema. Neben Bildern und Zeichnungen der Fülle stehen auf der anderen Seite Grafiken, in denen der Gegenstand auf das Äußerste komprimiert ist. Das können zum Beispiel Blüten sein, die man in ihrer radikalen Reduzierung auch als rein abstraktes Gebilde auffassen kann. Die Form löst sich gleichsam vom Gegenstand und kann auch als etwas völlig anderes gesehen werden
Linde Hartmann dazu: „Es freut mich immer wieder, wenn ich mich selbst überraschen kann,
indem ich etwas sehe, was ich vorher so noch nicht gesehen habe. Der Raum, der die Dinge umgibt, ist mir ebenso wichtig und manchmal wichtiger als der Gegenstand selbst.“
Die Fotos der Ausstellung sind ein Blick auf’s Konkrete. In diesen Arbeiten zeigt sich die Verwandlung vom äußeren zum inneren Bild. Der Anspruch der Fotos ist nicht die naturalistische, detailverliebte Wiedergabe von Oberfläche und Motiv sondern bereits hier ist der Gegenstand einer Transformation unterworfen. Viele Fotografien gleichen flüchtigen Skizzen, oft bewusst unscharfe, verwischte, verpixelte Notizen zu Farben, Formen, Strukturen und Stimmungen.
CLOSE TO ME – So wie die Natur sich wandelt und immer wieder neu gesehen werden kann, wandeln sich die Bilder der Ausstellung bei jeder Begegnung. In ihrer Vielfalt des Ausdrucks werden sie zu Ausgangspunkt und Projektionsfläche für eigene Interpretationen, fordern den Betrachter aber auch auf, konventionelle Sichtweisen zu hinterfragen und sich der Vielfalt des Möglichen zu öffnen.