Big Five
„Unserer Studie liegen die repräsentativen Daten von 2.352 erwachsenen Pflegenden in Österreich zugrunde“, erläutert Prof. Hanna Mayer vom Fachbereich Pflegewissenschaft der KL Krems, eine der Studienautorinnen und -autoren. „Mittels statistischer Analysen konnten wir aus diesen Daten 45 Faktoren mit Einfluss auf den Stress und die Belastungen der Pfle-genden identifizieren. Weitere statistische Auswertungen zeigten, dass fünf von diesen besonders einflussreich sind – unsere sogenannten „Big Five“.“
Diese Big Five – also jene Faktoren mit dem größten Einfluss auf die subjektive Belastung der Pflegenden – waren 1) der Gesundheitszustand der Pflegenden, 2) Verhaltensprobleme der Pflegebedürftigen, 3) eine hohe Frequenz direkter Pflegemaßnahmen, 4) die Zeitinten-sität der Pflege und 5) eine höhere Pflegeabhängigkeit der Pflegebedürftigen.
Abwärtsspirale
Unter diesen fünf einflussreichsten Faktoren sticht dabei ganz besonders der Gesundheits-zustand der Pflegenden heraus. Zum einen, weil sein Einfluss am stärksten war, zum ande-ren auch wegen einer weiteren Besonderheit, wie Ana Cartaxo, wissenschaftliche Mitarbei-terin im Fachbereich Pflegewissenschaft der KL Krems und Erstautorin der Studie, ausführt: „Tatsächlich wird der Gesundheitszustand der Pflegenden ja gerade auch durch deren sub-jektive Belastung in Verbindung mit der Rolle als Pflegende:r beeinflusst. Wir haben es hier also mit einem negativen Feedback-System zu tun: Ein schlechter Gesundheitszustand pfle-gender Angehöriger führt zu mehr Belastung durch die Pflege, wodurch sich der Gesund-heitszustand der Pflegenden weiter verschlechtert, was wiederum zu einer höheren Belas-tung führt…..und so weiter in der Abwärtsspirale.“
Die Studienautorinnen und -autoren differenzieren bei den Faktoren zwischen solchen, die sich aus den Umständen der Pflegesituation ergeben und jenen, die unmittelbar durch die Pflege selbst entstehen. Dabei zählt der Gesundheitszustand (zu Beginn der Pflege) ge-meinsam mit der Pflegeabhängigkeit zu den Faktoren, die den Umständen geschuldet sind, wohingegen die Zeit- und Pflegeintensität sowie das Verhalten des Pflegebedürftigen sich unmittelbar aus der Pflege selbst ergeben. Diese Differenzierung ist insofern wichtig, als sie unterschiedliche Ansatzpunkte für sozial- und/oder gesundheitspolitische Maßnahmen bieten, die der Entlastung Pflegender dienen könnten. Solche Maßnahmen sind vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung dringend notwendig. Zusammen mit der Uni-versität Wien leistet die KL Krems mit dieser Studie nun einen Beitrag mit hoher gesund-heitspolitischer Relevanz, um diese Herausforderung zu meistern.
Originalpublikation: Risk Factors with the Greatest Impact on Caregiver Burden in Informal Homecare Settings in Austria: A Quantitative Secondary Data Analysis. A. Cartaxo, M. Koller, H. Mayer, F. Kolland & M. Nagl-Cupal. Health & Social Care in the Community Volume 2023, Article ID 3270083, 14 pages https://doi.org/10.1155/2023/3270083