Mittelbayerische Zeitung: Kommentar „Im Zweifel für die Moral“ von Claudia Bockholt zu Raubkunst

Deutsche Gründlichkeit hat vor Jahren einen
Schatten auf die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern geworfen. Erst
nach langem, zähen Ringen war das Stiftungsgesetz durch. Dann kamen
die Bürokraten: Alte Menschen wurden mit ausführlichen, schwer
verständlichen Fragebögen konfrontiert. Die Bearbeitung der Anträge
zog sich so lange hin, dass viele NS-Opfer die Auszahlung nicht mehr
erlebten. So unsensibel sollte Deutschland nicht ein weiteres Mal mit
berechtigten Ansprüchen jüdischer Familien umgehen. Muss man
Verfolgungsdruck schriftlich nachweisen können? Im Krieg, auf der
Flucht, können Papiere und Dokumente leicht verlorengehen. Die
Limbach-Kommission muss also mit äußerstem Fingerspitzengefühl
vorgehen. Die Rückgabe der „Drei Grazien“ wäre für den derzeitigen
Eigentümer Bayern und für das Kunstforum ein herber Verlust. Das
Gemälde zu behalten, wenn auch nur der Hauch eines Zweifels an der
Eigentümerschaft besteht, wäre ein weitaus schwerer wiegender Verlust
moralischer Integrität.

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