Motorradunfall mit unerwarteten Folgen

Fast ertrunken – und das aufgrund eines Motorradunfalls, der 21 Jahre zurückliegt. Was sich anhört wie ein schlechtes Märchen, ist die Leidensgeschichte von Tobias Janz aus der Nähe von Linz. Dass nach zwei Jahrzehnten Luftnot, Schmerzen im Oberbauch und ständige Unsicherheit ein Ende haben – verdankt er Chefarzt Dr. Nils Kosse aus der Lungenklinik der GFO Kliniken Bonn. Der versierte Thoraxchirurg hat durch seine Zeit in der Lungenklinik Merheim umfassende und teils seltene Erfahrungen im Bereich Lunge und Zwerchfell.

„Mitte März habe ich Dr. Kosse das erste Mal getroffen und endlich konnte mir ein Arzt wirklich erklären, was damals beim Motorradunfall noch mit meinem Körper passiert ist“, berichtet der heute 47. Jährige. 2001 war Janz mit seinem Motorrad in der Pfalz unterwegs und wurde frontal in einer Kurve von einem telefonierenden Autofahrer umgefahren. „Der Fahrer war offensichtlich abgelenkt und hat daher die Kurve nicht richtig bekommen. Ich hatte keine 15 km/h drauf und lag nach dem Crash schwer verletzt auf der Fahrbahn. Der Autofahrer ist einfach weitergefahren ….“, erzählt Janz von dem lebensbedrohlichen Vorfall. Der nachfolgende Autofahrer sah das liegende Motorrad, hielt zum Glück an und rief den Rettungsdienst. Hirnblutung, gerissene Nerven im linken Arm und zahlreiche Schürfwunden – im Krankenhaus behandelten die Ärzte die akuten schweren Verletzungen. Der linke Arm blieb dauerhaft gelähmt, die anderen Verletzungen schienen verheilt zu sein.

„Was bei einem Riss der Nerven im Bereich der Schulter und Arm oft nicht bedacht wird, das hier auch der Nerv für das Zwerchfell verläuft und bei einem solch typischen Motorradunfall gerne in Mitleidenschaft gezogen wird“, sagt Dr. Nils Kosse, Facharzt für Thoraxchirurgie und Viszeralchirurgie. Symptome wie Kurzatmigkeit, Völlegefühl, blähende Schmerzen im Oberbauch oder Atemnot treten oft nicht direkt auf, sondern verstärken sich über die Jahre hinweg. Es kommt zu einem sogenannten Zwerchfellhochstand. „Durch die Schäden am Nerv wandert das Zwerchfell nach oben und die Muskulatur wird abgebaut. Das Krankheitsbild ist noch unbekannt und nur sehr wenige Fachärzte und Chirurgen können dieses erkennen und behandeln“, erklärt Dr. Kosse.

So ergeht es auch Janz: Kurzatmigkeit, Völlegefühl und Schmerzen nehmen zu und er besucht einen Lungenfacharzt, der den wahren Grund der Beschwerden nicht erkennt und eine chronische Lungenerkrankung (COPD) diagnostiziert. Der Wendepunkt kam erst vor zwei Jahren, als Janz nur noch eine Lungenkapazität von 30 % hat und es zum tragischen Vorfall im Schwimmbad kommt. „Ich arbeite ehrenamtlich als Schwimmlehrer und habe nichts Ungewöhnliches gemacht: Einen Kopfsprung ins Wasser“, sagt Janz. Für das Zwerchfell ist diese plötzliche Druckveränderung zu viel – die Muskulatur verkrampft, Janz bekommt keine Luft mehr und wird von einer Freundin gerettet. „Herr Janz hat unfreiwillig einen sogenannten Immersionstest gemacht, mit dem man den Zwerchfellhochstand überprüfen kann“, erklärt Dr. Kosse.

Bereits seit Jahren arbeitet und forscht Dr. Kosse an Krankheitsbildern, Diagnosemöglichkeiten und Operationsverfahren am Zwerchfell. Vor seiner Tätigkeit bei den GFO Kliniken Bonn arbeitete er mehrere Jahre in der Lungenklinik in Merheim und entwickelte ein spezielles Operationsverfahren zur Zwerchfellstraffung mit. Diese soll jetzt auch bei Janz angewendet werden. „Es ist wichtig, hier Aufklärungsarbeit zu leisten, da viele Betroffene gar nicht wissen, was ihnen konkret fehlt und dass ihnen operativ geholfen werden kann. In Deutschland sind Zwerchfellstraffung noch eine Seltenheit“, betont Dr. Kosse.

Am 17. Mai steht für Tobias Janz die Operation an: „Ich freue mich, dass dann die Erschöpfung, Kurzatmigkeit und Unwohlsein ein Ende haben und ein neuer Lebensabschnitt beginnt.“

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