Neue OZ: Kommentar zu Internet / UN / Corvey

Mit Gutenberg ins Internet

Das Ende der Gutenberg-Galaxis auszurufen gehört im
Zeitgeistdiskurs seit Jahren zum guten Ton. Was läge näher, als
gerade dann zustimmend zu nicken, wenn es um die Folianten einer
Klosteranlage geht? Corvey, Reichsabtei und Kandidat für die
Welterbeliste der UNESCO, führt nun vor, dass Abgesängen gerade dann
zu misstrauen ist, wenn sie mit voller Lautstärke vorgetragen werden.
Das Internetzeitalter verhilft dem vermeintlich hoffnungslos
verstaubten Kulturgut zu unverhoffter Renaissance. Ein Paradox?

Mitnichten. Denn neue Medien beenden niemals einfach so die
Existenz älterer Medien, sie zwingen sie nur zu neuer Positionierung.
Alte Medien gewinnen gerade dann an unverhoffter Energie, wenn sie
ihre Rolle angeblich ausgespielt haben. Die Kulturgeschichte hält
Beispiele bereit. Der Internet-Auftritt Corveys wird die
Aufmerksamkeit für die alten Bücher verstärken. Er hat schon jetzt
dazu geführt, dass die Altbestände in einem Forschungsvorhaben
genauer unter die Lupe genommen worden sind. Die Gutenberg-Galaxis
lebt. Im Netz.

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