Neue OZ: Kommentar zu UNESCO-Weltkulturerbe

Gesprächskultur unter Schutz

Ausgerechnet die französische Küche wird zum Weltkulturerbe
erhoben, möchte man ein wenig kleinlich höhnen. Und warum nicht die
italienische gehobene Küche, die auch ausgezeichnet ist und ebenfalls
mehrere Gänge beinhaltet? Ach ja, richtig, es handelt sich bei den
nun gewählten „immateriellen Gütern“ um aussterbende Kulturtechniken,
vom chinesischen Dschunkenbau bis zur Echternacher Springprozession.
In der Tat: In den Schlemmertempeln der deutschen Großstädte stehen
französische Restaurants mittlerweile fast unter Minderheitenschutz.

Mag die französische Küche nicht auch deshalb ein Auslaufmodell
sein, möchte man weiter giften, weil niemand sich mehr ohne Not mit
sechs kalorisch „bombigen“ Gängen belasten möchte? Schließlich ist
die Völlerei der Nachkriegszeit schon länger passé. Nun aber genug
gemäkelt: Es geht gar nicht um kulinarisch eher altmodische Gerichte
wie Lammkeule und Käse. Sondern um Symbolisches: das soziale Ritual,
das die UNESCO mit Fug und Recht schützen will. In unseren
zerrissenen, von Bildschirmen umflimmerten Zeiten ist es Gold wert,
wenn Menschen sich stundenlang beim Essen einander intensiv zuwenden.
Es lebe die bedrohte Gesprächskultur, die die Italiener allerdings
auch beherrschen!

Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion

Telefon: 0541/310 207

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