… und so war das auch! Der weite Weg der deutschen Familie Hulm-Jundt aus der Ukraine über Tadschikistan und Kasachstan zurück nach Deutschland

Die heute 86jährige Magdalena Jundt schrieb im Laufe von vier Jahren ihre Lebenserinnerungen auf, die in ihrem Geburtsort, dem schönen Dörfchen Selz am Dnjestr-Liman, in der Nähe der ukrainischen Hafenstadt Odessa anfängt, und, vierzig Jahre später, nach einer langjährigen Odyssee und einem stetigen Kampf mit den sowjetischen Behörden, in der Stadt Ratingen endet, wo sie bis heute lebt. Zum Schluss hielt sie ein über tausend Seiten umfassendes Manuskript in Händen, welches sie handschriftlich in russischer Schreibschrift verfasste.
In erster Linie schrieb Magdalena Jundt ihre Lebensgeschichte als Vermächtnis für ihre Nachkommen und Verwandte auf, die allerdings nicht mehr alle des Russischen mächtig sind, da sie gerne Deutsche sind und die Sprache, die sie an Erniedrigung, Flucht und Unterdrückung erinnert, nicht mehr sprechen wollten.
Auf 532 Seiten bringt uns die Autorin mit einem spannenden Erzählstil zurück in die Sowjetunion der 30er Jahre und dem Geschichte der Deutschen in Bessarabien. Dieses Gebiet am Schwarzen Meer in der Süd-Ukraine wurde zwischen 1814 und 1842 von Deutschen aus Baden, Württemberg, dem Elsass und Bayern unter dem Schutz der russischen Krone besiedelt. Hier wurde die Autorin im Jahre 1937 als Magdalena Hulm geboren.
Sie berichtet vom Einfall der deutschen Wehrmacht in die Ukraine während des zweiten Weltkrieges, über die dramatische Flucht der Bessarabien-Deutschen beim Rückzug der Wehrmacht aus der Ukraine im April 1944, sowie der „Administrativumsiedlung“ von Volksdeutschen unter dem Motto „Heim ins Reich“. Auf der Konferenz von Jalta einigten sich Roosevelt, Churchill und Stalin über eine „Repatriierung sowjetischer Displaced Persons“, die nach Kriegsende nicht nur sowjetische Kriegsgefangene und Fremdarbeiter betraf, sondern vor allem auch die Russlanddeutschen. Die Rückführung von Deutschen aufgrund dieser Vereinbarung der Alliierten mit dem Sowjetregime führte zu unendlichem Leid dieser Menschen durch Erschießung, Deportation, Verbannung, Umsiedlung und Zwangsarbeit und Magdalenas Familie verschlug es in eine Sondersiedlung nach Tadschikistan.
Magdalena Jundt erzählt vom Schicksal ihrer Familie in der damaligen UdSSR und dem steten Wunsch der Familie die nationale Identität als Deutsche trotz aller Widrigkeiten zu bewahren, sowie der dortigen Diskriminierung, den Erniedrigungen und der Unterdrückung zu entkommen. Sie schreibt aber nicht nur vom Elend der damaligen Zeit, sondern auch von den schönen Seiten, die sie erleben durfte, von dem sehr bescheiden wachsenden „Wohlstand“ der Familie, von ihrer Schulzeit und Ausbildung, ihrer Arbeit, vom Zusammenhalt der Menschen, vom gesellschaftlichen und kulturellen Leben, von Feiern, von ihrer ersten großen Liebe und auch vom alltäglichen Dorfklatsch.
Nach Stalins Tod im Jahr 1953 wurden die Opfer politischer Justiz zwar rehabilitiert, eine Gleichstellung mit den anderen Sowjetbürgern war aber nicht gegeben. Aufgrund dessen blieb der starke Wunsch, die Sowjetunion zu verlassen und nach Deutschland auszuwandern nicht nur bei den Familien Jundt und Hulm, sondern auch bei allen anderen Russlanddeutschen.
Im Buch schreibt Magdalena über ihren unermüdlichen Kampf mit sowjetischen Behörden, bis ihr im Jahre 1976 nach etlichen erfolglosen Anträgen endlich die Ausreise mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern gestattet wird.
Aber Magdalena Jundts große Sorge galt weiterhin ihren Familienangehörigen, die sie in der Sowjetunion zurücklassen musste. Sie lässt keine Ruhe, bis nicht auch das letzte Familienmitglied gut in Deutschland ankam. Auch in Deutschland scheut sie nicht zahlreiche Behördengänge, hilft Aussiedlern gerne, wo sie kann, und zieht im Jahr 2011 sogar konsequent vors Gericht.
Ihr Wunsch war, dass die gesamte Familie nach Deutschland kam – und so war das auch!

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