Brustimplantate sind generell sehr stabile und robuste Medizinprodukte, und ihr Einsetzen zählt zu den häufigsten Operationen in der ästhetischen und rekonstruktiven Chirurgie. Dennoch können sie Komplikationen verursachen, von denen viele mit Schmerzen oder Formveränderungen der Brust einhergehen. Aber auch unbemerkte Beschädigungen der Implantate können auftreten. Langfristig können sie eine mögliche Gefahrenquelle für schwerwiegende gesundheitliche Schädigungen darstellen. Regelmäßige Kontrollen würden genau dieses Risiko minimieren. Doch inwieweit solche Kontrollen in der Praxis tatsächlich erfolgen, war bisher wenig bekannt. Jetzt hat ein Team der Klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie am Universitätsklinikum St. Pölten, Lehr- und Forschungsstandort der KL Krems, dazu Daten in Österreich erhoben.
Erkenntnis mit Sorge
„Die Ergebnisse unserer Studie sind durchaus besorgniserregend“, erklärt Dr. Tonatiuh Flores, Erstautor der Studie und Mediziner an der Klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie der KL Krems. „Obwohl wir unsere Patientinnen auf Basis internationaler Richtlinien zu jährlichen Routineuntersuchungen ermutigen, zeigt unsere Studie, dass diese nur von einem kleinen Teil der Frauen tatsächlich wahrgenommen werden. Durch regelmäßige Kontrollen könnte die Mehrheit der Implantatprobleme aber frühzeitig erkannt und größere Komplikationen vermieden werden.“
Insgesamt wurden im Rahmen der Studie 1.128 Brustoperationen aus dem Zeitraum August 2018 bis Ende 2023 analysiert. Dabei wurde herausgefunden, dass nur bei 15 Prozent der Implantatträgerinnen regelmäßige Kontrollen durchgeführt wurden. Implantatrupturen wurden in den allermeisten Fällen (fast 75 Prozent) nur dann diagnostiziert, wenn die Betroffenen wegen Schmerzen oder Formveränderungen der Brust zu einer Untersuchung kamen. Im Durchschnitt erfolgte das 17 Jahre nach Einsetzen der Implantate.
Versteckte Probleme
„Wir müssen davon ausgehen, dass bei vielen dieser Frauen Rupturen oft jahrelang unentdeckt blieben“, führt Dr. Flores weiter aus. „Das kann dann schwerwiegende Folgen haben. Dazu zählen sogenannte Silikonome, also körpereigene Abwehrreaktionen gegen Silikon, und die Entwicklung des seltenen Brustimplantat-assoziierten anaplastischen großzelligen Lymphoms (BIA-ALCL), einer Krebserkrankung.“ Die Studienergebnisse weisen damit darauf hin, dass weitere Bemühungen erforderlich sind, um das Bewusstsein für die Risiken fehlender Nachsorge zu erhöhen. Tatsächlich konsultierte ein Großteil der Frauen erst dann medizinische Fachkräfte, wenn ästhetische oder schmerzhafte Probleme auftraten – und damit möglicherweise zu spät, um größere Komplikationen zu vermeiden.
Die Forschungsgruppe betont daher die Notwendigkeit einer proaktiven Aufklärung der Patientinnen durch die Chirurginnen und Chirurgen sowie durch Gesundheitseinrichtungen. „Unser Ziel ist es, Frauen besser über die langfristigen Risiken von Implantaten zu informieren“, sagt Prim. Prof. Schrögendorfer, Abteilungsvorstand der Plastischen, Ästhetischen und Rekonstruktiven Chirurgie des Universitätsklinikums St. Pölten. „Wir empfehlen auch die Einführung von Monitoring-Systemen, wie etwa Implantat-Register, um die Nachsorge effizienter zu gestalten.“
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Originalpublikation: Breast Implants: Low Rate of Annual Check-Ups Results in Delayed Presentation of Ruptured Implants. T. Flores, C. Kerschbaumer, C. Glisic, M. Weber, K. F. Schrögendorfer & K. D. Bergmeister. J. Clin. Med. 2024, 13, 6545. https://doi.org/10.3390/jcm13216545. https://kris.kl.ac.at/de/publications/breast-implants-low-rate-of-annual-check-ups-results-in-delayed-p