Der Weg in die Stille ? Autoren auf dem Weg zur inneren Freiheit

Politjunkie Ulrich Kasparick zieht die „Notbremse“ und Skeptiker Tim Parks erlernt die „Kunst stillzusitzen“

Der eine Autor spricht über seine Sucht, der andere über seinen Schmerz ? beide Bücher handeln von Manifestationen im Leben, die ein ungutes Eigenleben in sich führen, die Betroffenen in echte Not und über notwendige Entwicklungen zur Stille bringen. Manchmal entwickelt sich alles nur langsam. Das ist in unserer Leistungsgesellschaft nicht immer erwünscht. Wenn aber die Gesundung eines angeschlagenen Körpers gelingen soll, muss der Betroffene sein persönliches Tempo zur Heilung finden und den Gesundungsprozess darauf einstimmen. In beiden Büchern führt der Weg zum Geist, zur Meditation und zum Stillsitzen. Voraus gehen bei dem einen 20 Jahre parlamentarische Politik, beim anderen das Schreiben von 20 Belletristik-Bänden ? unterschiedlicher könnten die Menschen nicht sein, die hinter den Lebensläufen stehen, trotzdem verbindet sie eines: der Weg zur inneren Erkenntnis. Langsam.

Geschwindigkeit kennt Ulrich Kasparick nur zu gut: als Profi im Politgeschäft hat er nach der Wende die mediale Höchstbeschleunigung in der Republik kennengelernt und den alltäglichen Wahnsinn in Ausschüssen, parlamentarischen Diskussionen und auf Auslandsreisen mitgemacht, bevor sein Körper reagierte und ihm unmissverständliche Warnschüsse vor den Bug setzte. Kasparick ging ins Sabatical und fing an nachzudenken. In seinem Buch „Notbremse – Ein Politjunkie entdeckt die Stille“ resümiert er diese Zeit und lässt uns an seiner Entwicklung und Veränderung teilhaben. Spitz und präzise schildert er uns Strukturen aus der politischen Arbeit, verdeutlicht uns Zusammenhänge, die gerne verschwiegen werden und zeigt dabei deutlich unsinnige Machtkämpfe und Hackordnungen auf, die unser Leben betreffen und den Staat stagnieren lassen. Trotzdem ist es nicht ausschließlich ein Buch über Politik. Der persönliche Aspekt steht im Vordergrund. Kasparick spricht über sein Leben, seine Erkrankungen, die ihn zum Nachdenken brachten und seinen ganz eigenen Weg zu Meditation und geistigem Einhalt. Der Weg über die eigene Krise führt bei ihm zu einer Neuorientierung, in der er sich kritisch und perspektivisch mit seinem bisherigen Streben auseinandersetzt und den Menschen in sich neu entdeckt. Durch die neue Art der Selbstreflexion findet er zu Ruhe und Stille und entdeckt die Welt in Zusammenhängen, die ihm bisher verschlossen blieben. Das bleibt nicht ohne Folgen für seine Entscheidungen.

Der Zugang zu neuen Welten im eigenen Denken und Empfinden, das Zulassen und das Loslassen von Gefühlen und Haltungen prägen auch das sehr persönliche Buch von Autor Tim Parks. Er erlernt auf verschlungenen Wegen und über einen langen Zeitraum: „Die Kunst stillzusitzen – Ein Skeptiker auf der Suche nach Gesundheit und Heilung“. Auch das Buch von Parks ist eine Krankheitsgeschichte. Auf dem Weg zu seinem persönlichen „Happy End“ erzählt er uns eine ebenso persönliche wie aufrichtige Geschichte, die sich nicht auf Allgemeinplätzen abspielt, sondern tief eingreift in die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung. Auch hier bilden die Krankheit und die daraus resultierende Krise den Auftakt für eine ganzheitliche Veränderung. Der Autor durchläuft unterschiedliche Phasen und Episoden, bis er schließlich den Weg in die Stille für sich entdeckt. Vorbei an Schulmedizin, Ayurveda, New Age, medizinischen Ratgebern und Internetforen laviert er sich in seinem Sachbuch-Roman gekonnt und amüsant bis in die Gefilde der Meditation, um dort tagelang und unter einem Schweigegelübde den Dialog mit sich selbst zu finden, zu vollenden und in den Alltag zu integrieren. Spannender und verständlicher wurde über Meditation noch nie geschrieben, hat man doch das Gefühl, selber die ganzen Kämpfe und Einsichten zu erleben – Parks Buch bringt uns direkt hinein ins lautlose Geschehen. Ein Buch, das lange nachhaltig bleibt.

Ulrich Kasparick, geboren 1957, war bis zur Bundestagswahl 2009 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und war von 2004 bis 2005 Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung. Er studierte Theologie in Leipzig und Jena und arbeitete als Stadtjugendpfarrer in Jena, bevor er 1989 in die Politik wechselte. Nierenkrebs und ein Herzinfarkt zwangen ihn dazu, sich eine längere Auszeit zu nehmen. In dieser Zeit lernte Ulrich Kasparick die Stille zu schätzen.

Tim Parks, geboren 1954 in Manchester, lebt heute mit seiner Familie in Verona und lehrt an der Universität Mailand. Er schreibt regelmäßig für den New Yorker und die New York Times, ist ein profunder Kenner Italiens, hat bisher 14 Bücher veröffentlicht und zuletzt mit dem Roman »Stille« (Kunstmann 2006) einen großen Publikumserfolg erzielt. Er gewann zahlreiche Literaturpreise, darunter den Somerset-Maugham-Award.

Ulrich Kasparick
Notbremse – Ein Politjunkie entdeckt die Stille
222 Seiten – Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
17,95 ? [D] | 18,50 ? [A] | 30,90 CHF
ISBN: 978-3-579-06768-1
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Tim Parks
Die Kunst stillzusitzen – Ein Skeptiker auf der Suche nach Gesundheit und Heilung
Aus dem Englischen von Ulrike Becker
ca. 24.90 EUR – ca. 368 Seiten
gebunden mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-88897-680-3
http://www.kunstmann.de/cgi-bin/WebObjects/TXTSVKunstmann2.woa/633/wo/U92ZttbW9RxM21a2sTA1M80LFo3/4.0.16.1.7.3.WOComponentContent.1.5.0.1.0.BoxAuthorBig.13.5.1.0

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