Neue OZ: Kommentar zu Kultur / Literatur / Walhalla

Trost für den Ruhm

Groucho Marx wäre ja keinem Club beigetreten, der ihn aufnimmt.
Ähnlich dürfte es sich mit Heinrich Heine und der Walhalla verhalten:
Der hatte für seine alte Heimat Deutschland und deren Nationalsymbole
nichts als Spott übrig. Die Aufnahme in König Ludwigs Ruhmeshalle
hätte er vermutlich als Beleidigung gewertet.

Nun kann sich aber auch ein großer satirischer Geist nicht gegen
Bewunderer und schon gar nicht gegen Nachfahren wehren. Aber
vielleicht sähe er den Totentempel heute auch in milderem Licht:
Feiert der doch nicht mehr nur mit Pomp und Pathos die Größe einer
deutschen Nation, sondern versucht sich in Erinnerungskultur –
immerhin reiht sich seit 2003 Sophie Scholl in die Phalanx deutscher
Helden.

Außerdem steht die Ruhmeshalle nicht am deutschen Rhein, sondern
an der Donau. Die aber ist nicht nur länger, sondern gibt sich von
der schwäbischen Quelle durch Bayern bis ins Schwarze Meer
ausgesprochen polyglott. Wenigstens ein kleiner Trost für die
posthume Ehrung.

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