In einer soeben im Journal „Nephrology Dialysis Transplantation“ veröffentlichten Studie zeigen die Forscher um Dr. Justyna Siwy und Dr. Petra Zürbig, dass der Protein-Test sieben verschiedene Typen der chronischen Nierenerkrankung unterscheiden kann. Und zwar unabhängig von dem der Krankheit zugrunde liegendem Mechanismus.
In ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler 1180 Urinproben von Patienten mit unterschiedlichen Typen der chronischen Nierenerkrankung. Im Ergebnis definierten sie zwischen 116 und 619 Biomarker (Eiweißbruchstücke), die jeweils eine von sieben verschiedenen Nierenerkrankungen anzeigen. Bei der Überprüfung in einer unabhängigen Beobachtungsstudie wurde eine gute bis sehr gute Genauigkeit nachgewiesen.
Darüber hinaus kann eine zusätzliche Sequenzanalyse der Biomarker sogar molekulare Veränderungen innerhalb der einzelnen Erkrankungen aufzeigen.
Damit wurde erstmals in einer erfolgreichen klinischen Studie, auch zum Thema „Liquid Biopsy“, eine bedeutende Weiterentwicklung aufgezeigt. Die Analyse aus Urin zeigt wesentlich präziser als Blut die Nierenerkrankungen an, und kann vollkommen risiko- und schmerzfrei mehrmals gewonnen werden.
Krankheiten ent- und bestehen nur auf molekularer Ebene und auch Medikamente wirken ausschließlich auf molekularer Ebene im Körper. Da die Proteomanalyse die Typen der chronischen Nierenerkrankung bereits auf dieser – der molekularen – Ebene erkennt, ist sie allen anderen Diagnostiken weit überlegen, genau und kann zu einem frühen Zeitpunkt klinische Aussagen treffen.
Der Nutzen für die Patienten liegt in einer wirklichen personalisierten Medizin. Eine schnelle, differenzierte Diagnostik zum frühen Zeitpunkt verhilft dem Einzelnen auf diese Weise zu einer schnellen und genau auf ihn zugeschnittenen erfolgversprechenden Therapie.
Besonders wichtig ist Differenzialdiagnostik für das sogenannte kardio-renale Syndrom. Herz-/Kreislauf – und Nierenerkrankungen bilden unter diesem Begriff die bedeutsamste Krankheitsverbindung. Folgen sind zum Beispiel Herzinfarkte und Nierenfunktionsausfälle. Weil beide Krankheitsformen sich negativ bedingen können, ist deren frühe Erkennung ein Muss! Liegen z.B. bereits unerkannte Nierenschäden vor und es wird eine Herzmuskelschwäche diagnostiziert, besteht kaum Aussicht auf eine erfolgreiche Therapie.
Einer Studie des Robert-Koch-Institutes zufolge leiden über zwei Millionen Deutsche an einer chronischen Nierenerkrankung. Seit 1995 ist die Zahl der Dialysepatienten um 53 % gestiegen, die der Nierentransplantierten um 78 %. Durch die hohe Rate an Herz-Kreislauf-Komplikationen und durch die Notwendigkeit von teuren Nierenersatzverfahren (Dialyse und Nierentransplantation) entstehen durch das chronische Nierenversagen hohe Kosten für das Gesundheitssystem. Diese sind, genauso wie die umfangreichen Abrechnungsmanipulationen bei chronischen Krankheiten, nur durch den gezielten Einsatz der innovativen Diagnostik zu vermeiden.