Thüringische Landeszeitung: Der pure Luxus / Kommentar von Sibylle Göbel zum Beginn der Fastenzeit

Fasten ist der pure Luxus. Das scheint ein
Widerspruch in sich, doch nur auf den ersten Blick. Schließlich ist –
zumindest in hiesigen Breitengraden – das, worauf wir aus Tradition,
religiösen Gründen oder freien Stücken verzichten, spätestens nach
der Fastenzeit wieder verfügbar. Wir können fasten, wir müssen es
nicht. Wir leben in einer Welt des Überflusses und Überdrusses – und
beim Fasten entziehen wir uns ihr.

Mit dem Fasten wollen wir uns auf die Probe stellen, wollen
erkunden, wie sehr wir schon abhängig geworden sind von Dingen,
Zuständen, Gewohnheiten. Das kann heilsam sein, vielleicht auch hart,
im besten Falle lehrreich. Womöglich gelingt es uns, aus der
Gewissheit, dass wir auch (Fasten-)Krisen zu überwinden imstande
sind, Kraft zu schöpfen, den Blick für das Wesentliche im Leben zu
schärfen und die Dinge wieder mehr wertzuschätzen, als wir es
gewöhnlich dann tun, wenn wir sie permanent haben können.

Wer für 40 Tage auf etwas verzichtet, merkt erst, wie viel Raum
diese Sache bereits in seinem Leben einnimmt. Mit der Konsequenz,
dass er vielleicht auf Dauer verzichten will oder aber sich – im
Gegenteil – umso mehr auf deren Rückkehr in sein Leben freut. Denn
eines ist gewiss: Alles Fasten hat einmal ein Ende.

Pressekontakt:
Thüringische Landeszeitung
Chef vom Dienst
Norbert Block
Telefon: 03643 206 420
Fax: 03643 206 422
cvd@tlz.de

Schreibe einen Kommentar