Den Wirbel um die Plagiataffäre, die vor einem Jahr
zum Rücktritt von Minister Karl-Theodor zu Guttenberg führte, haben
die Unis in NRW nicht zum Anlass genommen, verstärkt nach Fälschern
wissenschaftlicher Arbeiten zu suchen. Sie reagieren meist nur mit
symbolischen Maßnahmen wie Ehrenerklärungen und Broschüren, nicht
aber mit flächendeckender Kontrolle. Das ergab eine Umfrage der WAZ.
Computerprogramme zum Erkennen von Plagiaten wurden zwar fast überall
angeschafft, kommen aber „nur auf Verdacht“ zum Einsatz. Die meisten
Unis können nicht sagen, wie viele Plagiate bei ihnen im letzten Jahr
entdeckt wurden. „Der Wissenschaftsrat befürchtet eine Aufrüstung der
Waffen zwischen denen, die fälschen und denen, die Fälschungen
suchen“, sagte Wolfgang Marquardt, Vorsitzender des
Wissenschaftsrates, den NRW-Titeln der WAZ-Mediengruppe
(Montagausgaben). Sebastian Sattler, Soziologe an der Uni Bielefeld,
erklärte: „In Deutschland kann man davon ausgehen, dass jede fünfte
von Studenten verfasste Arbeit in Teilen Plagiate enthält.“ Die
Universitäten wehren sich gegen den Vorwurf, nichts zu unternehmen.
„Wenn wir Studierende unter Generalverdacht stellen würden, dann wäre
das tödliches Gift für die Wissenschaft“, sagte Josef König, Sprecher
der Ruhr-Uni Bochum. Debora Weber-Wulff, Professorin an der
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, hat die aktuelle
Plagiat-Erkennungssoftware getestet und kommt zu dem Schluss: „Sie
taugt in der Regel nicht für das, was die Hochschulen erwarten. Ihre
Anschaffung ist eine Art Pseudohandlung. Mit Google erzielt man
bessere Resultate.“
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